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Lauschangriff auf Frankreichs Ex-Präsident:Sarkozy will Enthüllung geheimer Gespräche stoppen

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Hunderte Stunden an Aufzeichnungen soll Ex-Sarkozy-Berater Patrick Buisson bei Gesprächen des damaligen Staatschefs heimlich gesammelt haben. Nachdem einige Auszüge in der Presse aufgetaucht sind, versucht Sarkozy weitere Enthüllungen zu verhindern.

Im Skandal um heimliche Mitschnitte ihrer Gespräche werden Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni-Sarkozy Anzeige erstatten. Es werde bald eine einstweilige Verfügung wegen Verletzung der Privatsphäre eingereicht, teilten die Anwälte von Sarkozy und seiner Frau in Paris mit.

Sarkozy und seine Frau könnten nicht hinnehmen, "dass Äußerungen, die im privaten Rahmen getätigt wurden, aufgenommen wurden und ohne ihr Einverständnis verbreitet werden", hoben die Anwälte des konservativen früheren Präsidenten hervor. Der Schutz des Geheimnisses privater Gespräche sei "eines der Fundamente unserer demokratischen Gesellschaft".

Der einst enge Präsidentenberater Patrick Buisson hatte bei Gesprächen im Elysée-Palast, aber auch im privaten Rahmen, heimlich ein Diktiergerät mitlaufen lassen. Auszüge der Aufzeichnungen waren am Mittwoch in der satirischen Wochenzeitung Le Canard enchaîné erschienen. So veröffentlichte die Zeitung die Abschrift eines Mitschnitts vom 27. Februar 2011. Darin geht es um eine am gleichen Tag verkündete Regierungsumbildung. Sarkozy wird unter anderem mit Kritik an seinem Innenminister Brice Hortefeux zitiert, der später sein Ressort verlor.

Der Informant ist noch unbekannt

Der Skandal um die mitgeschnittenen Gespräche hat die konservative Oppositionspartei UMP in Frankreich schwer erschüttert. Die Reaktionen prominenter UMP-Politiker reichten von Fassungslosigkeit bis Wut. Auch Sarkozy selbst soll wütend sein und sich verraten fühlen, wie ein anderer enger Ex-Mitarbeiter im Elysée-Palast, Henri Guaino, berichtet hatte.

Bisher ist unklar, wie die Aufzeichnungen an die Öffentlichkeit gelangen konnten. Guaino äußerte die Vermutung, dass die Bänder im Zuge von Ermittlungen der Justiz gegen Buisson in einer anderen Affäre beschlagnahmt und dann von dort der Presse zugespielt worden seien. Buisson selbst, der die Aufnahmen nicht bestreitet, hatte versichert, er habe die meisten Bänder gelöscht, andere seien ihm aber offenbar "gestohlen" worden.

Buisson bezeichnete die Aufzeichnungen in einer Stellungnahme als Arbeitsdokumente, die zur Vorbereitung von Folgetreffen gedient hätten. Heimlich ließ der Polit-Stratege ein Diktiergerät in seiner Tasche mitlaufen - nicht nur im Elysée-Palast, sondern sogar bei Gesprächen im Auto oder im Jagdschloss La Lanterne bei Paris. Hunderte Stunden an Aufzeichnungen sollen so zustande gekommen sein.

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AFP
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