Süddeutsche Zeitung

Kundus-Affäre:Tanklastwagenfahrer verklagt Verteidigungsministerium

Ein Jahr nach dem von der Bundeswehr angeordneten Luftschlag von Kundus mit 142 Toten hat ein Opfer Klage eingereicht: Der Afghane verlangt Schmerzensgeld von der Bundesrepublik.

Ein Jahr nach dem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Luftschlag von Kundus hat nun erstmals ein Opfer die Bundesrepublik verklagt. Die Klage richtet sich gegen das Verteidigungsministerium und wurde vom Fahrer einer der Tanklaster eingereicht. Der Mann hatte das von US-Bombern ausgeführte Manöver nur knapp überlebt, bei dem auch zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen waren.

Der Kläger fordere ein Schmerzensgeld und eine dauerhafte medizinische Versorgung, teilten die Berliner Rechtsanwälte des Afghanen mit. Er habe noch keine Entschädigungszahlung erhalten und gehe davon aus, dass der Befehl von Oberst Klein rechtswidrig war. Die Anwälte erläuterten, es handele sich um eine Amtshaftungs- und eine Feststellungsklage - in beiden Fällen sei das Verteidigungsministerium verklagt worden.

Bei dem von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff auf zwei mutmaßlich von Taliban entführte Tanklaster nahe Kundus waren am 3. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet worden. Wie viele von ihnen Zivilisten waren, ist immer noch unklar. Wegen der Kundus-Affäre war der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung zurückgetreten. Zudem war ein Untersuchungsausschuss eingesetzt worden.

Deutschland hat bislang an 86 betroffene Familien je 5000 Dollar (etwa 3900 Euro) gezahlt - unabhängig davon, wie viele Opfer sie jeweils zu beklagen hatten. Die Bundesregierung erklärte am Freitag, sie halte den Luftangriff für weitgehend aufgeklärt. Was von Seiten der Regierung habe getan werden müssen, sei auch getan worden, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin.

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Reuters/AFP
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