Süddeutsche Zeitung

Krieg und Social Media:Borschtsch im Bombenkeller

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Valeria Shashenok, 20, verarbeitet die Kriegserfahrungen mit selbstironischen Tiktok-Videos und hat eine Botschaft für alle.

Von Robert Probst

Der Krieg ändert alles. Aber der Krieg zerstört nicht nur, er bringt auch Neues hervor. Zum Beispiel neue Stars in den sozialen Medien. Die Ukrainerin Valeria Shashenok ist so jemand. Auf Tiktok (@valerisssh) und Instagram sahen Millionen ihre selbstgedrehten Videos, die sie zu Beginn des russischen Überfalls in einem Bombenschutzkeller in der Stadt Tschernihiw drehte. Da war nicht Hass ("Putin ist mir egal") und Angst, zu sehen waren selbstironische Tanzszenen, alltägliche Tätigkeiten wir Borschtsch- und Nudelnkochen, gewürzt mit schwarzem Humor - kontrastiert mit Bildern der Zerstörung auf den Straßen. Die Art, wie die 20-Jährige als Digital Native auf den Krieg blickt, ist nur ein kleines Beispiel, wie dessen Schrecken und die Traumata verarbeitet werden können.

Aber solche Videos, Aufzeichnungen und die Tagebucheinträge von Tausenden Menschen in der Ukraine werden eines Tages dabei helfen zu verstehen, wie dieser Krieg erlebt wurde und wie er erinnert werden wird. Die freiberufliche Fotografin Shashenok hat ihre Erlebnisse nun auch in einem kleinen Büchlein gebündelt, das recht plastisch und unverstellt die Dimension der persönlichen Betroffenheit offenlegt. Ihr Motiv ist klar: "Ich möchte, dass jeder davon erfährt, was mir passiert ist."

Valeria Shahenok verbrachte im Februar und März 17 Tage in dem privaten Behelfsbunker ihrer Familie. Eher aus Langeweile und um ein bisschen Abwechslung zu haben, begann sie mit den Tiktok-Videos - und wurde berühmt. Inzwischen lebt sie in Italien und erzählt nun auf Lesereisen von ihren Erlebnissen: wie schnell der Krieg zum Alltag wird, wie ihr Cousin von einer Bombe getötet wird und wie absurd und surreal sich all das anfühlt. Und wie Humor in dunklen Zeiten helfen kann.

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