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Kontrolle der Chemiewaffen:Syrien stimmt russischem Vorschlag zu

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Syrien hat laut Außenminister al-Muallem den Vorschlag der russischen Regierung angenommen, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen. Sein Land habe eingelenkt, weil es damit "keine Gründe für amerikanische Aggression" mehr gebe.

Syrien ist offenbar bereit, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen. Das meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den syrischen Außenminister Walid al-Muallem.

Er habe am Vortag sehr ertragreiche Gespräche mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow geführt. Darin habe dieser einen Vorschlag zu Chemiewaffen unterbreitet. "Und am Abend haben wir der russischen Initiative zugestimmt", so Al-Muallem zu Interfax. Syrien habe eingelenkt, weil es damit "keine Gründe für amerikanische Aggression mehr gibt", hieß es in dem Bericht der Nachrichtenagentur weiter.

Im staatlichen syrischen Fernsehen soll auch Wael al-Halki, der Ministerpräasident der Assad-Regierung, angekündigt haben, den russischen Vorstoß anzunehmen.

Mit der jetzt erfolgten Zustimmung könnte ein von den USA und Frankreich angedrohter Militärschlag gegen Syrien womöglich abgewendet werden. US-Präsident Barack Obama plant eigentlich, Syrien für einen mutmaßlichen Giftgasangriff auf die eigene Bevölkerung am 21. August mit einem begrenzten Militärschlag zu bestrafen. Dazu versucht er derzeit die Zustimmung des US-Kongresses zu bekommen.

Obama hatte sich jedoch offen für den unerwarteten Vorstoß Russlands gezeigt. In Interviews mit verschiedenen amerikanischen Medien nannte der US-Präsident den Vorschlag eine "möglicherweise positive Entwicklung", den man ernst nehmen werde.

Frankreich will Druck auf Assad aufrecht erhalten

Er betonte allerdings, dass wohl erst die "glaubhafte militärische Drohung" aus den USA dazu geführt habe, dass das Regime in Damaskus sich überhaupt kompromissbereit zeige. Zudem sagte er, dass angesichts des bisherigen Handelns der syrischen Regierung auch weiterhin Skepsis angebracht sei.

Frankreich will deshalb den russichen Vorschlag möglichst schnell in eine UN-Resolution überführen - und den Druck auf das Regime von Assad aufrechterhalten. Ein entsprechender Entwurf solle noch am Dienstag in den UN-Sicherheitsrat eingebracht werden, so der französische Außenminister Laurent Fabius. Für den Fall der Nichtbeachtung sollten Zwangsmaßnahmen möglich sein - bis hin zu einem Militärschlag.

Die Europäische Union ist grundsätzlich bereit, bei der möglichen Kontrolle und Beseitigung syrischer Chemiewaffen mitzuwirken. "Wir sind bereit, in jeder uns möglichen Weise zu helfen", sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Bisher sei aber noch nicht klar, wie genau eine solche Hilfe aussehen könnte. "Wir begrüßen jeden Vorschlag, der dazu beiträgt, die Gewalt in Syrien zu verringern und illegale Chemiewaffen unbrauchbar zu machen", sagte der Sprecher. Entscheidend sei, "dass dies ein seriöser Vorschlag ist, der von allen Seiten verfolgt und respektiert" werde.

Westerwelle fordert Unterzeichung der Chemiewaffenkonvention

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) kann sich eine deutsche Beteiligung an der Vernichtung syrischer Chemiewaffen vorstellen. Deutschland habe "bei der Vernichtung von Chemiewaffen erhebliche Erfahrung und auch entsprechende Programme", sagte Westerwelle. Der deutsche Außenminister begrüßte die russische Initiative, drängte aber darauf, nun schnell konkrete Schritte folgen zu lassen: "Wir sind nicht naiv, für uns zählen nur Taten", sagte er weiter. Damaskus müsse als ersten Schritt die internationale Chemiewaffenkonvention unverzüglich unterzeichnen.

Die internationale Chemiewaffenkonvention, die 1997 in Kraft trat, verbietet den Einsatz, aber auch die Entwicklung, die Herstellung, den Besitz und die Weitergabe chemischer Waffen. Syrien zählt zu den wenigen von etwa 200 Staaten, die der Konvention zur Ächtung von Chemiewaffen noch nicht rechtsverbindlich beigetreten sind.

Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen würde die internationale Gemeinschaft nach Ansicht von Experten vor beispiellose Herausforderungen stellen. Die Beseitigung des Arsenals, das insgesamt auf mehr als tausend Tonnen geschätzt wird, würde nicht nur mehrere Jahre dauern, sondern auch die volle Kooperation der syrischen Regierung erfordern. "Es ist für mich schwer vorstellbar, wie das inmitten eines Bürgerkriegs geschehen soll", sagte der Direktor der Nichtregierungsorganisation Arms Control Association, Daryl Kimball.

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