Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:SPD-Umweltministerin steckt zurück

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Svenja Schulze verzichtet auf ihre strengen Klimaziele für Neuwagen und wird dafür scharf von Naturschützern kritisiert.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Das Bundesumweltministerium rückt von seiner Forderung nach strengeren Klimazielen für Autos ab. Mit dem Wirtschaftsministerium sei eine Einigung darüber nicht möglich gewesen, erklärte ein Sprecher des Umweltministeriums am Dienstag in Berlin. Man werde sich deshalb nicht länger gegen den Vorschlag der Brüsseler EU-Kommission stellen. Diese will zwischen 2021 und 2030 die Grenzwerte für Kohlendioxid-Emissionen um 30 Prozent absenken. Diesen Plan stützt nun auch die Bundesregierung.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) war ursprünglich für eine viel stärkere Senkung um 50 Prozent eingetreten. Auch Umweltschützer und viele andere EU-Staaten fordern strengere Vorgaben, um den Klimaschutz in Europa voranzubringen. Diese würden neben geringerem Spritverbrauch auch einen stark steigenden Anteil von Elektrofahrzeugen verlangen. Kanzlerin Angela Merkel hatte erst am Dienstag vor zu strengen Normen gewarnt. Der Vorschlag der Kommission sei "eine vernünftige Grundlage", sagte sie bei einem Kongress des Industrieverbands BDI. "Alles, was darüber hinausgeht, birgt die Gefahr, dass wir die Automobilindustrie aus Europa vertreiben."

Das deutsche Votum gilt als Zünglein an der Waage. Zwar sind nach Angaben aus Kommissionskreisen 19 Länder grundsätzlich für eine Erhöhung des Ziels auf 40 Prozent - erforderlich wären nur 16. Doch die Länder stehen nur für 64 Prozent der Bevölkerung. Nötig wären aber 65 Prozent. Im Kreis der Mitgliedsstaaten ist das höhere Ziel somit vom Tisch. So bleibt nur noch das sogenannte Trilog-Verfahren, in dem sich Mitgliedsstaaten, Kommission und EU-Parlament auf eine gemeinsame Position einigen müssen. Zuletzt hatte sich der Umweltausschuss des Parlaments für eine Absenkung um 45 Prozent ausgesprochen.

Das Umweltministerium verwies auf die "großen Risiken" einer Blockade. Sie hätte dazu führen können, dass es gar keine neuen Grenzwerte gebe, sagte ein Sprecher. "Wir haben uns für die Variante entschieden, die besser für die Umwelt ist." Richtig gut sei die aber auch nicht. Man hoffe, so heißt es nun aus dem Ministerium, dass sich im Trilog-Verfahren noch ein Ziel jenseits der 30 Prozent ergebe.

Umweltverbände sind entsetzt. Die Regierung opfere die Klimaschutzziele wieder einmal "den scheinheiligen Interessen der Autoindustrie", sagte Nabu-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger. Die neue Plattform Mobilität der Zukunft, die von diesem Mittwoch an Maßnahmen zur Erfüllung der Klimaziele erarbeiten soll, stehe vor einer kaum noch lösbaren Aufgabe.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) machte klar, dass die Autohersteller bei Angeboten für Dieselbesitzer nicht auf Staatshilfe hoffen können. Das sei kein Thema für öffentliches Geld, sagte er und forderte eine schnelle Lösung: "Wenn es um Fahrverbote in Deutschland geht, reden wir über die Lebenssituation von Millionen Bürgerinnen und Bürger." Es müsse sichergestellt sein, dass sie auch künftig noch überall hinfahren können.

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Quelle:
SZ vom 27.09.2018
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