Süddeutsche Zeitung

Klausur der CDU:Müller rügt Merkel

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Unruhe in der CDU: Gleich zu Beginn der Klausur der Parteiführung kritisiert der saarländische Regierungschef Müller Kanzlerin Merkel scharf.

Stefan Braun, Berlin

Die Jahresanfangsklausur der CDU-Führung hat mit einem Streit über die Steuerpolitik begonnen. In der Sitzung des Parteipräsidiums wandten sich zwei CDU-Ministerpräsidenten massiv gegen die Steuerpläne der Koalition und damit auch gegen den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Während sich die Parteispitze im Entwurf für die geplante Berliner Erklärung der CDU zu einer Steuerstrukturreform mit weiteren Entlastungen bekennt, lehnte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller die Steuerpläne nach Berichten von Teilnehmern ab und betonte, er könne die Erklärung nicht mittragen. Ähnlich scharfe Kritik äußerte auch Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer - ohne aber mit einem Nein zu drohen.

Um den drohenden Dauerkonflikt aus der Welt zu schaffen, bot CDU-Generalsekretär an, die verfassungsrechtlichen Verpflichtungen aus der Schuldenbremse noch einmal dezidiert in die geplante Erklärung aufzunehmen. Das habe Müller, so berichtete Gröhe später, von einem Nein wieder abgebracht.

Im Entwurf der Erklärung heißt es dennoch weiter, 2011 werde es eine Steuerreform geben. Wie hoch die Entlastung sein soll, lässt das Papier offen. Statt dessen werden der Einstieg in eine Steuerstrukturreform und der Abbau der Neuverschuldung als gleichrangige Ziele genannt. Die Höhe der Entlastung hänge von der weiteren wirtschaftliche Entwicklung, den künftigen Steuereinnahmen und den Zwängen der Haushaltskonsolidierung ab, hieß es.

Als Lehre aus dem Wahlkampf 2009 will sich die CDU-Führung künftig noch stärker um Wählergruppen kümmern, die nicht zur Stammklientel der Union gehören. Nur so sieht sie die Möglichkeit, auf Dauer eine rot-grün-rote Mehrheit in Deutschland zu verhindern. Darauf verständigte sich die Parteispitze vor der Klausur; der Kurs sollte in der für Donnerstagabend geplanten Wahlanalyse 2009 verteidigt und begründet werden.

Schwerpunkt Umweltpolitik

Im Entwurf für die Berliner Erklärung verweist die CDU-Spitze auf Erfolge bei denjenigen Bürgern, die in der Vergangenheit nicht zur Stammwählerschaft der Union gehörten. So heißt es unter anderem, durch die Familien-, Kultur-, Klimaschutz- und Integrationspolitik sei es gelungen, bei vielen Menschen "zusätzliche Zustimmung" zu gewinnen.

Außerdem will die CDU-Führung Stimmen, die zuletzt an die FDP gegangen sind, zurückholen, frustrierte SPD-Wähler für die Union gewinnen und auch in der Umweltpolitik mehr Menschen erreichen, "denen die Bewahrung der Schöpfung ein besonderes Anliegen ist". Mit dieser Formulierung versucht die Parteispitze, eine Brücke zu schlagen zwischen konservativeren Strömungen in der CDU und Wählern, die bisher vor allem die Grünen gewählt haben.

"Keine konservative Partei"

Vor Beginn der Tagung sagte Fraktionschef Volker Kauder, die CDU sei "keine konservative Partei". Sie habe vielmehr drei Wurzeln, von denen alle drei nicht vertrocknen dürften. Er betonte, dass Profildebatten der Parteien die Menschen im Land kaum interessierten.

"Die Menschen wollen wissen, was wir tun werden, um die Wirtschaftskrise zu überwinden", meinte der Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff warnte allerdings davor, bestimmte Kritiker des derzeitigen CDU-Kurses mit Hinweisen, sie kämen ja nur aus der zweiten oder dritten Reihe, zu diffamieren. Die CDU brauche mehr Mut zur Debatte.

Als Bestätigung für ihren bisherigen Kurs der weiteren Öffnung verweist die Parteiführung auf Wahlanalysen, wonach die CDU bei der Wahl 2009 in allen Alters- und Berufsgruppen stärker gewesen sei als alle anderen Parteien. Wahr sei, dass das Ergebnis von lediglich 33,8 Prozent für die Union "Ansporn" sein müsse, wieder mehr Menschen zu gewinnen. Das Erststimmenergebnis von fast vierzig Prozent zeige aber, dass das sehr wohl möglich sei.

Die konservativen Stammwähler dagegen, auch das geht aus dem zehnseitigen Entwurf hervor, stehen nicht mehr im Zentrum der inhaltlichen Ausrichtung, wie sie sich die Parteispitze vorstellt.

Nach Wahlanalysen der Union sind nur noch 25 Prozent aller Wähler wirklich strikt auf eine politische Kraft festgelegt. Trotzdem will die CDU-Spitze auf ihre "treuen Wähler" zugehen, sie verspricht, künftig um Zustimmung zu werben und "programmatische Weiterentwicklungen" zu erläutern.

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Quelle:
SZ vom 15.1.2009
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