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Missbrauch:Katholische Kirche will Missbrauchsopfern bis zu 50 000 Euro zahlen

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Im Januar sollen die Ausgleichszahlungen beginnen, über die ein unabhängiges Gremium entscheiden werde. Das erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sollen künftig auf Antrag sogenannte Ausgleichszahlungen von bis zu 50 000 Euro bekommen. Auf dieses einheitliche Verfahren haben sich die katholischen deutschen Bischöfe verständigt. Das Prozedere soll am 1. Januar starten, wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag in Fulda mitteilte.

Bislang erhalten Missbrauchsopfer seitens der Kirche durchschnittlich eine Zahlung von 5000 Euro, in Härtefällen auch mehr. Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe hatte zwischenzeitlich Summen von bis zu 400 000 Euro vorgeschlagen.

Nun teilte Bätzing mit, dass sich die Höhe der Zahlungen künftig an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern orientieren solle. Zusätzlich könnten Betroffene, wie auch jetzt schon, Kosten für Therapie- oder Paarberatung erstattet bekommen. Bätzing betonte, ein unabhängiges Entscheidungsgremium werde die Höhe der Zahlung individuell festlegen. Ihm sollen sieben Frauen und Männer aus den Bereichen Medizin, Recht, Psychologie und Pädagogik angehören. Die Mitglieder dürfen in keinem Anstellungsverhältnis zu einer kirchlichen Einrichtung stehen. Sie sollen durch einen Ausschuss ausgewählt werden, dem mehrheitlich nichtkirchliche Vertreter angehören. So soll Bätzing zufolge eine Unabhängigkeit sichergestellt werden.

Opfer-Initiative fordert Ausgleich für "jahrzehntelange systematische Vertuschung"

Im November soll sich zudem ein Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz konstituieren. Ein Auswahlgremium aus mehrheitlich nichtkirchlichen Mitgliedern habe sich auf zwölf Personen verständigt, die künftig gezielt die Interessen der Betroffenen in die Arbeit der Bischofskonferenz einbringen können.

Der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Mathias Katsch, kritisierte in Fulda, dass Opfer-Vertreter in die neuen Überlegungen nicht einbezogen worden seien. Die Anwendung der zivilrechtlichen Schmerzensgeldtabelle bezeichnete er als nicht angemessen. Die Entscheidung der Bischöfe führe "in die Irre", denn es gehe nicht um den Ausgleich für aktuelle Taten, wie sie mit Schmerzensgeldtabellen staatlicher Gerichte erfolge, sondern es müsse um einen Ausgleich gehen für "jahrzehntelange systematische Vertuschung und Verdunkelung von Verbrechen an Kindern und Jugendlichen durch die Institution Kirche und die Folgen, die dies in den Biografien der Opfer hinterlassen hat", fordert die Initiative.

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