Süddeutsche Zeitung

CDU:Wer schweigt, soll bestraft werden

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Von Robert Roßmann, Berlin

In Bamberg ist vergangene Woche Anklage gegen einen Logopäden erhoben worden, der sich in 66 Fällen an Kindern vergangen haben soll. In Aachen ermittelt die Staatsanwaltschaft gerade gegen einen Lehrer wegen des Besitzes und Verbreitens von Kinderpornografie. Und in Pforzheim steht ein Mann vor Gericht, der im Darknet ein Forum betrieben haben soll, über das Bilder und Videos von Sexualverbrechen an Kindern ausgetauscht wurden. Es sind Fälle wie diese, deretwegen die CDU jetzt einen Katalog an Maßnahmen beschlossen hat, mit dem sie den Kampf gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch erleichtern will.

Sechs Seiten ist der Beschluss des CDU-Bundesfachausschusses Innere Sicherheit lang, er liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Vorsitzende des Ausschusses sind Hessens Innenminister Peter Beuth und die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken. "Wie Statistiken belegen, nehmen Fälle von sexueller Gewalt und Missbrauch von Kindern sowie die Verbreitung von Kinderpornographie weiter zu", heißt es in dem Papier. Staat und Gesellschaft seien "in der Pflicht, einen wirksamen Schutzschild für Kinder aufzuspannen". Die CDU will deshalb - neben einer "Verbesserung der Präventionsarbeit" - die Strafgesetze verschärfen und die Möglichkeiten der Ermittler erweitern.

Kindesmissbrauch soll nicht nur als Vergehen eingestuft werden

"Wir wollen die Nichtanzeige eines geplanten sexuellen Missbrauchs unter Strafe stellen", damit geplante Taten abgewendet werden können, heißt es etwa in dem Beschluss. Außerdem sollten "deutsche Internet Service Provider gesetzlich verpflichtet werden, Verdachtsfälle auf Kinder- und Jugendpornographie an eine zentrale Stelle, zum Beispiel beim Bundeskriminalamt (BKA), zu melden". In den USA gebe es eine solche Pflicht bereits.

Die Christdemokraten verlangen auch höhere Strafen. Man wolle, "dass Kindesmissbrauch in jedem Fall als Verbrechen - nicht nur als Vergehen - eingestuft wird und damit eine Mindesthaftstrafe von einem Jahr droht", heißt es in dem Beschluss. Außerdem fordere man "eine Erhöhung des Strafrahmens für den Besitz beziehungsweise die Besitzverschaffung von kinderpornografischem Material". Beim Besitz von Kinderpornografie müsse künftig eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren statt bis zu drei Jahren drohen. Denn es dürfe "nicht sein, dass der einfache Ladendiebstahl mit einem höheren Strafrahmen belegt ist als das sich Verschaffen von kinderpornografischem Material". Straftaten wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen sollten künftig nicht mehr aus dem Bundeszentralregister und dem erweiterten Führungszeugnis gestrichen werden.

Die Justizministerin hat bereits Änderungen angekündigt

Außerdem will die CDU Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, "effektiv im Darknet zu ermitteln". Dazu ist es nach Ansicht der Partei nötig, dass Kinderpornografie-Ermittler "echt aussehende, computergenerierte Bilder hochladen dürfen, die so gekennzeichnet sind, dass sie in Ermittlungsverfahren eindeutig verifiziert werden können".

Mit einigen ihrer Forderungen rennt die CDU bei Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) offene Türen ein. So hat Lambrecht bereits eine Strafrechtsänderung angekündigt, um verdeckten Ermittlern die Nutzung computergenerierter kinderpornografischer Aufnahmen rechtlich zu ermöglichen. Außerdem hat die Ministerin am Freitag einen Gesetzentwurf vorgestellt, mit dem erstmals eine Pflicht sozialer Netzwerke im Internet geschaffen wird, dem BKA bestimmte Straftaten zu melden - kinderpornografische Aufnahmen gehören dazu.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2019
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