Süddeutsche Zeitung

Katalonien:Größe zeigen

Den katalanischen Separatisten mit sehr hohen Haftstrafen zu drohen, ist der falsche Weg. Jetzt geht es um Versöhnung.

Von Stefan Ulrich

Die katalanischen Separatisten wollten ernst genommen werden. Und sie werden ernst genommen. Besonders auch von der spanischen Justiz. Daher hat die Staatsanwaltschaft in Madrid jetzt hohe Haftstrafen bis zu 25 Jahren für eine Reihe von Politikern und Aktivisten gefordert. Sie hatten im Herbst vergangenen Jahres versucht, die Region Katalonien per Unabhängigkeitsreferendum von Spanien abzuspalten.

Die versuchte Sezession verstieß gegen die spanische Verfassung und war auch vom Völkerrecht nicht gerechtfertigt. Daher ist es korrekt, wenn Spanien nun strafrechtlich hart gegen die Unabhängigkeitskämpfer vorgeht. Andere Länder würden nicht anders verfahren, wenn es um den Bestand ihres Territoriums geht. Doch korrekt heißt noch nicht klug. Und nicht alles, was rechtmäßig ist, ist auch richtig.

Die Rebellion in Katalonien ist zusammengebrochen. Viele Katalanen, wenn auch nicht die Mehrheit, bestehen aber weiterhin auf einem eigenen Staat. Der Unmut schwelt fort, die Region und viele Familien bleiben gespalten. Ein scharfes Urteil gegen die Anführer der Separatisten wird deren Anhänger nicht abschrecken, sondern empören und aufputschen. Irgendwann aber sollen doch alle Bürger Spaniens wieder halbwegs gedeihlich zusammenleben. Wer das will, sollte jetzt auf die Unabhängigkeitsbewegung zugehen: durch ein mildes Urteil, sofern die Richter das wollen. Oder anschließend durch Begnadigung oder Amnestie.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2018
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