Süddeutsche Zeitung

Kandidatur zum Bundespräsidenten:Gauck tritt an - seine Bedingung ist erfüllt

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Das schwarz-gelbe Regierungslager hat sich auf Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten geeinigt - und damit die Voraussetzung für seine Zustimmung geschaffen. Zuvor verdichteten sich die Hinweise, dass der bislang schweigende DDR-Bürgerrechtler bereit wäre, sich noch einmal zur Wahl zu stellen.

Oliver Das Gupta

Seit dem Tag, an dem Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten ist, sagte Joachim Gauck nichts dazu, fast nichts. Er begleite das nicht mit positiven Gefühlen, meinte er am vergangenen Freitag bei einem Auftritt in Koblenz. Ob er sich nochmal für das höchste Amt im Staate bewerben würde, fragte einer. "Eine Antwort wäre für Sie zu schön - aber Gauck sagt nach wie vor nichts", sagte Joachim Gauck und wirkte recht fröhlich dabei.

Und im Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom Oktober 2010 winkte er auf die Frage, ob er nochmal zu einer Bundespräsidentenwahl antreten würde, ab: "Ich sehe mich mehr als Bürger, der mitredet", sagte Gauck damals. Nochmal kandidieren, "das ist eher unwahrscheinlich".

Nun, da Christian Wulff nach 598 Tagen das Schloss Bellevue verlassen hat, war die Chance wieder da. Aber war Gauck bereit, das höchste Amt im Staat zu übernehmen?

Ja - aber nur, wenn er nicht wie 2010 aus einem politischen Lager gerufen werde. Süddeutsche.de erfuhr von einem namhaften Vertreter aus rot-grünen Reihen, dass Gauck nur antreten möchte, wenn er sowohl von Parteien rechts der Mitte, als auch von Parteien links der Mitte unterstützt werde.

Diese Information deckte sich mit einer Meldung der Leipziger Volkszeitung (LVZ). Demnach habe sich Gauck, gegenüber politischen Gesprächspartnern von SPD und Grünen zur neuerlichen Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten bereit erklärt, wenn gewährleistet sei, dass er nicht als strittiger Kandidat zwischen großen Lagern gelte. Dann könne er sich vorstellen, "durch den selben Fluss noch einmal zu gehen", zitierte ein führender Parteipolitiker aus dem rot-grünen Lager Gauck.

In der FDP munkelte man vom Koalitionsende

Die FDP-Spitze sprach sich am Sonntagnachmittag für Gauck aus Kandidaten aus, danach folgte ein Zereißprobe innerhalb der Koalition: Stundenlang sperrte sich die Union gegen den ehemaligen rot-grünen Kandidaten. "Nicht vermittelbar" sei er in die Union, hieß es. Teile der FDP munkelten schon vom drohenden Koalitionsbruch, dann gab die Kanzlerin nach.

Am Abend präsentierten die Parteichefs von CDU, CSU, SPD, Grünen und FDP ihren gemeinsamen Kandidaten Joachim Gauck - seine Bedingung, lagerübergreifend nominiert zu werden, war erfüllt.

Manche in der Union sprechen von einer "Niederlage" Angela Merkels, andere atmen auf. Denn hätten CDU und CSU Gauck tatsächlich abgelehnt, hätten sie nicht nur den Fortbestand der Koalition riskiert. Die Union hätte auch auf einer Linie mit der Linkspartei gelegen. Deren Parteichef Klaus Ernst erklärte zuvor erneut, dass der Pastor, der einst zur Opposition in der DDR gehörte, für die Linke nicht wählbar sei.

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