Süddeutsche Zeitung

Ermittlungen:Justizministerium geht juristisch gegen Razzia vor

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Das SPD-geführte Ministerium schickt eine Beschwerde an das Amtsgericht Osnabrück. Die Justiz dort soll prüfen, ob die Durchsuchung kurz vor der Bundestagswahl illegal war.

Von Georg Mascolo und Ronen Steinke

Es war einer der größten Aufreger in den letzten Tagen des Wahlkampfs, CDU-Kandidat Armin Laschet hatte seinen SPD-Kontrahenten Olaf Scholz in die Nähe dubioser Finanz-Machenschaften gerückt, nachdem es im Berliner Regierungsviertel zu einer beispiellosen Durchsuchungsaktion gekommen war. Am 9. September waren Beamte der Staatsanwaltschaft Osnabrück mit einem Durchsuchungsbeschluss in Scholz' Bundesfinanzministerium sowie in das ebenfalls SPD-geführte Bundesjustizministerium gekommen.

Nun hat das Bundesjustizministerium unter Führung von Scholz' ehemaliger Finanzstaatssekretärin Christine Lambrecht zum juristischen Gegenschlag ausgeholt. Am Montag hat das Ministerium nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine offizielle Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung an das Amtsgericht Osnabrück geschickt. Die Justiz dort soll nun prüfen, ob die Aktion illegal war. So nämlich sieht es das Ministerium.

In dem 7-seitigen Schriftsatz aus Berlin heißt es: Die Durchsuchung sei schlicht unverhältnismäßig gewesen, sie hätte nie von einem Gericht angeordnet werden dürfen. Denn alle Unterlagen, welche die Staatsanwaltschaft Osnabrück im Ministerium zu finden hoffte, habe man auch freiwillig gern herausgegeben. Eine Razzia sei unnötig gewesen. Es habe nie ein Anlass bestanden, daran zu zweifeln, dass das Justizministerium gewissenhaft bei den Ermittlungen der Osnabrücker helfen würde. Auf Nachfrage bestätigte das Ministerium am Montag diese Beschwerde.

Bei der Ermittlung war es um Vorwürfe gegen Beamte der Zoll-Spezialeinheit "Financial Intelligence Unit" gegangen, die in Köln sitzen. Das Bundesjustizministerium ist dabei zwar nicht selbst beteiligt, dennoch hatte die Staatsanwaltschaft in Osnabrück offenbar die Sorge, dass im Ministerium wichtige Beweismittel womöglich unterdrückt würden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte auch gegenüber Journalisten ausdrücklich seinen Argwohn gegenüber dem Justizministerium erklärt: "So groß ist unser Vertrauen nicht ... dass wir glauben, sie würden uns alles freiwillig herausgeben."

Dies sei völlig unbegründet gewesen, hält nun das Justizministerium dagegen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit sei "ersichtlich nicht gewahrt". Das Amtsgericht habe sich "schon in den Bereich der Willkür" begeben, indem es pauschal einen Verdacht gegen das Justizministerium mitgetragen habe.

Entscheiden muss nun das Amtsgericht Osnabrück, ob es seinen eigenen Durchsuchungsbeschluss rückwirkend aufhebt und für rechtswidrig erklärt. Anderenfalls kommt der Fall vor das örtliche Landgericht. Dieses könnte allerdings dem Ministerium in Berlin genauso auch Kontra geben und daran festhalten, dass die Osnabrücker Ermittler zu Recht den Berliner Ministerialbeamten misstraut hätten. Politisch brisant war der Fall auch deswegen, weil der Leiter der Osnabrücker Staatsanwaltschaft CDU-Mitglied ist.

Das Finanzministerium indes hat sich der Beschwerde des Justizressorts vorerst nicht angeschlossen.

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