Süddeutsche Zeitung

Israel:Explosionen an Bushaltestellen in Jerusalem - ein Toter und mehrere Verletzte

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Die beiden Anschläge waren möglicherweise koordiniert. Ministerpräsident Lapid plant eine Dringlichkeitssitzung. Nach den Tätern werde gefahndet.

Bei zwei Explosionen an Bushaltestellen im Großraum Jerusalem ist ein Mensch getötet worden. Mindestens 18 weitere Personen wurden verletzt, darunter waren auch mehrere Schwerverletzte, wie der Rettungsdienst Magen David Adom (MDA) am Mittwoch mitteilte.

Die erste Detonation gehe auf einen Sprengsatz zurück, der an einer Bushaltestelle in der Nähe der Ausfahrt aus der Stadt platziert worden sei, so die Polizei. Der zweite Sprengsatz sei nur etwa eine halbe Stunde später an einer Bushaltestelle in einem Wohnviertel im Osten Jerusalems explodiert. Nach der Detonation des ersten Sprengsatzes seien mindestens zwölf Menschen ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte der Rettungsdienst mit. Mindestens zwei von ihnen seien schwer verletzt. Bei der zweiten Explosion wurden nach Polizeiangaben mindestens drei Menschen verletzt. Eine Person sei im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen, teilte das Schaare-Zedek-Medizinzentrum mit.

Polizeisprecher Eli Levi sagte dem Armee-Hörfunk, die erste Explosion an einer Bushaltestelle voller Menschen sei von einem großen Sprengsatz ausgelöst worden. "Solche koordinierten Angriffe hat es in Jerusalem seit Jahren nicht mehr gegeben." Dem Sender zufolge war der Sprengstoff in Taschen versteckt, in mindestens einem Fall habe er auch Nägel enthalten, um die Wirkung zu verstärken.

Die Polizei sperrte wegen der Explosion am Stadtrand die Schnellstraße nach Tel Aviv. Die Suche nach Verdächtigen laufe, so die Polizei. Der scheidende Ministerpräsident Jair Lapid will am Mittag eine Dringlichkeitssitzung mit der Polizei- und der Militärspitze abhalten.

Hamas begrüßt Anschläge - kein Bekenntnis

Die Detonationen an Bushaltestellen erinnern an das Vorgehen militanter Palästinenser während des Aufstandes zwischen 2000 und 2005. Sie folgen auf monatelange Spannungen im von Israel besetzten palästinensischen Westjordanland, wo das israelische Militär nach einer Reihe von Attentaten massiv gegen Palästinenser vorgegangen ist. Die radikalislamische Hamas, die im palästinensischen Gazastreifen an der Macht ist, begrüßte die Anschläge, bekannte sich aber nicht dazu. Ihr Sprecher Abdel-Latif al-Kanua sagte, die Bombenanschläge seien "das Ergebnis der Verbrechen der Besatzung und der Siedler".

Der israelische Abgeordnete Yoav Ben-Tzur von der strengreligiösen Schas-Partei sprach von einer "Rückkehr zum Horror und den schweren und blutigen Tagen des zweiten Palästinenseraufstands Intifada". Israels Abschreckungskraft sei kaum noch existent. "Jeden Tag erhebt der Terror wieder sein Haupt", sagte er.

Die beiden Detonationen ereigneten sich just zu dem Zeitpunkt, da Benjamin Netanjahu nach der Parlamentswahl Anfang November sich bemüht, eine Koalition aus rechten, religiösen und rechtsextremen Parteien zu bilden. Der ultranationalistische Knesset-Abgeordnete Itamar Ben-Gvir, der der Partei Jüdische Macht vorsitzt, besuchte den ersten Tatort. "Auch wenn es im Westjordanland ist, belagert sie und geht auf der Suche nach Waffen von Haus zu Haus und stellt unsere Abschreckungsmacht wieder her", sagte Ben-Gvir. Er will in der neuen Regierung Polizeiminister werden.

Seit März sind in Israel 18 Menschen bei Terroranschlägen getötet worden. Außerdem wurden in diesem Jahr mehrere israelische Zivilisten und Sicherheitskräfte bei Anschlägen im Westjordanland getötet. Seit dem Frühjahr unternimmt Israels Armee im besetzten Westjordanland auch vermehrt Razzien. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden dieses Jahr bereits mehr als 140 Palästinenser in Zusammenhang mit Militäreinsätzen, bei Zusammenstößen oder eigenen Anschlägen getötet. Es gibt zudem zunehmend Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser, israelische Aktivisten oder Soldaten.

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