Süddeutsche Zeitung

Jemen:Das vergessene Land

Saudi-Arabien führt in Jemen Krieg. Deutschland muss daher seine Waffenlieferungen an Riad stoppen.

Von Paul-Anton Krüger

Mehr als 200 Tote bei einem Luftangriff auf ein Begräbnis, verstümmelte Körper, verkohlte Leichen. Barbarei, ein Massaker, diesmal nicht in Aleppo, sondern in Sanaa. Die Welt starrt auf Syrien und vergisst Jemen. Die Angriffe Saudi-Arabiens auf die zivile Infrastruktur und Wohngebiete des ohnehin schon ärmsten arabischen Landes haben nicht die gleiche Massivität und Systematik des syrisch-russischen Bombardements. Aber auch sie sind durch nichts zu rechtfertigen und in einigen, in etlichen Fällen vermutlich Kriegsverbrechen.

Der Westen hat nicht viele gute und realistische Möglichkeiten, dem Schlachten in Syrien Einhalt zu gebieten. Auch in Jemen kann er aus eigener Kraft das Morden kaum stoppen. Aber die USA, Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland haben sehr gute Druckmittel, um Saudi-Arabien zum Einlenken zu drängen: ein sofortiger und vorläufiger Stopp aller Waffenlieferungen nach Riad.

Ohne Bombennachschub aus dem Ausland wären die Arsenale der saudischen Luftwaffe und ihrer Verbündeten leer. Deutschland kann die genehmigte Ausfuhr von 48 Patrouillenbooten stoppen. Die mögen zwar "legitimen Schutz- und Sicherheitsinteressen" dienen, wie Vizekanzler Sigmar Gabriel sagt. Aber auch die Menschen in Jemen haben Schutzinteressen. Neben dem Bombardement leiden sie unter einer See-Blockade, die die Lieferung von Lebensmitteln verhindert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3196877
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 10.10.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.