Japan:Allzu bequem
Frischer Wind durch den neuen Regierungschef? Das Gegenteil ist der Fall.
Von Thomas Hahn
Yoshihide Suga wird Japans neuer Premierminister. Nach dem Rücktritt Shinzo Abes hat die politische Elite in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt die Nachfolge schnell geregelt. Es dürfe kein Machtvakuum entstehen, hat Suga gesagt, schon gar nicht in Corona-Zeiten. Stimmt. Insofern kann man verstehen, dass die Regierungspartei LDP nicht die perfekte Besetzung für das hohe Amt gewählt hat, sondern die einfachste.
Trotzdem ist die Beförderung des bisherigen Kabinettssprechers kein gutes Zeichen. Denn Suga soll keine Figur des Übergangs sein, die den Weg für junge Politiker mit neuen Ideen ebnet. Der 71-Jährige ist der Garant einer Weiter-so-Doktrin. Die alten LDP-Granden haben einen aus den eigenen Reihen befördert, damit sich nicht zu viel verändert. Sie machen es sich bequem auf einem Stimmenpolster aus nationalistischen Milieus. Abe hat die LDP nach rechts gerückt, dort soll sie bleiben. Deshalb wird Suga wohl auch die bedenklichsten Initiativen Abes weiterführen, etwa die angedachte neue Sicherheitsstrategie, wonach Japan bei einem Angriff als Erster zuschlagen kann. Ein ziemlich aggressives Vorhaben für eine Regierung, die nie über Japans Kriegsschuld redet.
Frischer Wind und mehr Interesse am Rest der Welt würden Japan guttun. Von Yoshihide Suga ist in der Hinsicht nichts zu erwarten.