Süddeutsche Zeitung

Italien:Neuwahlen aufschieben, Salvini ausbremsen

Die italienischen Sozialdemokraten sollten sich mit den Cinque Stelle verbünden. Denn bei Neuwahlen würde der Lega-Chef die Früchte seiner Hetze ernten.

Kommentar von Oliver Meiler, Rom

Italienische Regierungskrisen sind dramatische Zerreißproben. Keine Partei kommt raus, wie sie reinging. Für den sozialdemokratischen Partito Democratico stellt sich nun die Frage, ob er sich verbünden soll mit den Cinque Stelle, denen er bis gestern noch alles Böse vorgeworfen hat. Ziel eines solchen - durchaus legitimen - Paktes wäre es, Neuwahlen aufzuschieben, um den Triumphzug von Matteo Salvini und seiner Lega zu bremsen.

Matteo Renzi, der frühere Chef der Sozialdemokraten und ehemalige Premier, beschwört einen moralischen Imperativ. Die Partei aber ist gespalten. Das Gegenargument geht so: Verwehrt man der Lega die Urnen, wird Salvini nur noch größer. Manche wagen abenteuerliche Prognosen: von 36 auf 60 Prozent. Tatsächlich?

Man fragt sich, warum es Salvini so damit eilte, im Sommerurlaub mit den Cinque Stelle zu brechen, nachdem er sie 14 Monate ausgepresst hatte. Könnte es mit "Moscopoli" zu tun haben, der Affäre der Lega um einen möglichen Millionendeal mit Moskau? Bis heute schweigt Salvini dazu. Überhaupt flieht er stets, wenn es heikel wird: vor Fernsehdebatten mit starken Gegnern, Prozessen, internationalen Gipfeln. Den Italienern ist zu wünschen, dass sie mehr Zeit erhalten, den unheimlichen Aufsteiger genauer anzuschauen. Würde bald gewählt, würde er die Früchte seiner Hetze ernten.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2019
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