Süddeutsche Zeitung

Israel:Versprechen gebrochen

Oppositionschef Gantz ebnet nun doch den Weg für eine Koalition mit Netanjahu.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Israels Oppositionsführer Benny Gantz hat mit einem Überraschungsmanöver sein vor einem Jahr geschmiedetes Parteienbündnis Blau-Weiß gesprengt. Er ließ sich gegen den Widerstand seiner Partner auf Benjamin Netanjahu ein. Seine Erklärung, er wollte damit eine vierte Wahl in Israel innerhalb eines Jahres verhindern, reicht als Begründung für diesen weit reichenden Schritt nicht aus.

Was ist der Preis dafür? Gantz ließ sich selbst durch die von Netanjahu betriebene Einschränkung der Gewaltenteilung, indem dieser die Knesset und Gerichte lahmgelegt hat, nicht abschrecken. Mit seiner Kandidatur als Parlamentspräsident erfüllte er eine Bedingung Netanjahus und ebnete den Weg für eine große Koalition in Israel.

Wechselt Gantz in eine Regierung unter Netanjahus Führung, dann bricht der Spitzenkandidat des blau-weißen Bündnisses sein zentrales Wahlversprechen: Nie werde er in einer Regierung mit einem Angeklagten sitzen, behauptete Gantz wiederholt. Für viele war dieses Versprechen das zentrale Wahlmotiv. Sollte sich Gantz tatsächlich auf eine auf drei Jahre angelegte Notstandsregierung einlassen, dann ermöglicht er dem wegen Korruption angeklagten Netanjahu sogar noch Immunität - durch den Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten in das des Staatspräsidenten.

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Quelle:
SZ vom 27.03.2020
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