Süddeutsche Zeitung

Israel:Über dem Gesetz

Die Regierung greift das System an, auf das sie zu Recht stolz ist.

Von Alexandra FöDerl-Schmid

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas bekam es bei seinem Besuch zu hören: Israel sei die einzige Demokratie im Nahen Osten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont dies bei jeder Gelegenheit - zu Recht. Aber genau diese Regierung will nun die Grundpfeiler des demokratischen Systems, die Gewaltenteilung, einreißen. Das Jüdische Heim, ein Teil der Regierungskoalition, hat ein Ultimatum gesetzt, bis zum 6. Mai über ein Gesetz abzustimmen, das die Macht des Obersten Gerichts einschränkt. Die nationalreligiöse Partei behauptet, das Gericht habe "seine Autorität überschritten", weshalb das sogenannte "Umgehungsgesetz" hermüsse.

Dabei haben die Richter nur Recht gesprochen. Sie haben festgestellt, dass das Festhalten von Flüchtlingen illegal ist. Nach einer Gerichtsanhörung kippt die Regierung nun ihren Plan, bis zu 38 000 Flüchtlinge gegen deren Willen nach Afrika abzuschieben. Aber nicht Einsicht hat dazu geführt, sondern der Einwand des Gerichts.

Mit ihrer Initiative will die Regierung Netanjahu sicherstellen, dass sie künftig ihren Willen auf jeden Fall durchsetzen kann: Die politische Führung hat demnach recht und steht über Recht und Gesetz. So geht es in autoritären Staaten zu - von denen sich Israel bisher abheben wollte.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2018
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