Süddeutsche Zeitung

Antisemitismus in Deutschland:Botschafter fordert Schutz für jüdische Einrichtungen

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Nach Übergriffen auf Synagogen in mehreren Städten fordert der israelische Botschafter deutsche Behörden zum Handeln auf. Bundespräsident Steinmeier verurteilt die antisemitischen Vorfälle.

Nach Übergriffen auf jüdische Einrichtungen fordert Jeremy Issacharoff, der israelische Botschafter in Berlin, Deutschland zum Handeln auf. "Ich bitte die deutschen Behörden dringend, alles dafür zu tun, die Sicherheit unserer Community hier zu sichern", sagte er in der ARD in einem Interview. Die israelische Regierung sei sehr besorgt über antisemitische Akte wie Angriffe auf Synagogen in Bonn, Münster und anderen Städten. "Der Konflikt im Nahen Osten hat nichts mit der jüdischen Gemeinde hier in Deutschland zu tun." Nach der Eskalation der Gewalt zwischen Israel und Palästinensern ist auch die Sorge vor weiteren Ausschreitungen in Deutschland gewachsen. Bundesaußenminister Heiko Maas forderte einen besseren Schutz von Synagogen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die antisemitischen Vorfälle vor Synagogen in Deutschland scharf verurteilt und Konsequenzen angekündigt. "Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Jüdinnen und Juden in Deutschland oder Angriffe auf Synagogen in deutschen Städten", sagte Steinmeier in der Freitagsausgabe der Bild-Zeitung. Das Grundgesetz garantiere Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. "Wer aber auf unseren Straßen Fahnen mit dem Davidstern verbrennt und antisemitische Parolen brüllt, der missbraucht nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern der begeht Straftaten." Diese müssten verfolgt werden, forderte der Bundespräsident. "Judenhass - ganz gleich von wem - wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden", so Steinmeier.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) bezeichnete es als "erschreckend, nicht akzeptabel, unerträglich, wenn auf deutschem Boden antisemitische Parolen skandiert werden". Jüdisches Leben in Deutschland müsste eine Selbstverständlichkeit sein. Die Präsidentin des bayerischen Landtags, Ilse Aigner (CSU), schrieb auf Twitter: "Wir werden die Bedrohungen unserer jüdischen Mitbürger in Deutschland nicht hinnehmen und sie schützen."

Die Vorfälle rund um Synagogen in Gelsenkirchen, Münster, Bonn und Mannheim stehen in Zusammenhang mit der Eskalation der Gewalt in Nahost. In Deutschland wurden unter anderem israelische Flaggen angezündet und bei einer nicht angemeldeten Demonstration antiisraelische Parolen gerufen.

Auch Vertreter jüdischer Gemeinden zeigten sich besorgt. "Als Tochter von Holocaust-Überlebenden verstehe ich überhaupt nicht, wie so etwas wieder passieren kann", sagte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, der Zeitung Welt. Solche Vorgänge seien beängstigend und schwer zu verkraften. "Leider sind es immer wieder junge islamistische Männer, die uns Juden angreifen", sagte die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub. Der Antisemitismus komme jedoch von allen Seiten, auch von Rechten, Linken und aus der Mitte der Gesellschaft: "Die Menschen kennen keine Juden und hassen sie trotzdem."

Sharon Fehr, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster, sprach von einer wachsenden Verunsicherung unter den Mitgliedern. "Wer eine israelische Fahne vor einem jüdischen Gotteshaus verbrennt, stellt sich explizit gegen unsere Bemühungen eines friedlichen Miteinanders", sagte er. "Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn für die aggressive Meute ein Jude erkennbar gewesen wäre."

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