Süddeutsche Zeitung

Israel:Netanjahu entlässt seinen Verteidigungsminister

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Joav Gallant hatte einen Stopp der Justizreform gefordert, die der israelische Ministerpräsident wie geplant durchsetzen will.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Verteidigungsminister Joav Gallant am Sonntagabend entlassen. Zuvor hatte Gallant als erstes Regierungsmitglied einen Stopp der umstrittenen Justizreform und einen Dialog mit den Kritikern gefordert. Netanjahus Parteifreund begründete dies mit einer Bedrohung für die Wehrfähigkeit und Sicherheitsreform des Landes, weil zahlreiche Reservisten aus Protest gegen die Justizreform den Dienst verweigert hatten.

Für seinen Schritt gab Netanjahu keine Begründung ab, die Entlassung wurde lediglich von einem Sprecher der rechtskonservativen Likud-Partei mitgeteilt. Wer Gallant nachfolgen soll, blieb am Sonntagabend noch offen. Als einer der möglichen Kandidaten gilt der Likud-Politiker Avi Dichter.

Es wird erwartet, dass der Ministerpräsident nun seine Pläne umsetzt, in dieser Woche wie geplant zentrale Teile des Gesetzespakets in der Knesset verabschieden zu lassen. Es steht eine Abstimmung über die Bestellung von Richtern an, die künftig in einem Gremium erfolgen soll, in dem die Regierung die Mehrheit hat.

Kritiker der Justizreform sehen die Gewaltenteilung in Gefahr

Netanjahu will mit seiner raschen Reaktion auch verhindern, dass sich Mitglieder seiner Likud-Partei an die Seite Gallants stellen. Denn nach dem Appell des Verteidigungsministers hatten laut israelischen Medienministern zumindest zwei Likud-Politiker ebenfalls einen Stopp der Justizreform gefordert.

In der Nacht zum Sonntag hatten landesweit mehr als 650.000 Israelis gegen die Justizreform protestiert - die zwölfte Woche in Folge. Die Regierung wirft dem Höchsten Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise.

Am Sonntagabend gab es vor Wohnungen und Häusern von Politikern der rechts-religiösen Koalition Demonstrationen. Es wurde auch wieder eine Autobahn blockiert. Die Armee gab die Verschiebung eines zweitägigen Workshops für ihre Führungskräfte bekannt, um sich mit den Auswirkungen der Proteste auf das Militär zu beschäftigen.

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