Süddeutsche Zeitung

Israel:Kampf der Worte

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Eine Unesco-Resolution ignoriert den jüdischen Bezug des Tempelbergs in Jerusalem. Die israelische Regierung ist empört.

Von Peter Münch, Tel Aviv

In Israel herrscht Empörung über die Unesco. In einem Gremium der UN-Kulturorganisation wurde eine Resolution verabschiedet, die als Leugnung der jüdischen Wurzeln in Jerusalem verstanden wird. Konkret geht es um den Tempelberg, der in dem Unesco-Papier allein als muslimisches Heiligtum bezeichnet wird, obwohl dort in früheren Zeiten auch das höchste Heiligtum der Juden gestanden hat. Die Regierung in Jerusalem sieht darin einen weiteren Beweis für die Israel-Feindlichkeit der Unesco und der gesamten Vereinten Nationen.

Allgemein geht es in der Resolution um israelisches Fehlverhalten im "besetzten Palästina". Abgestimmt wurde darüber in der 58-köpfigen Programm-Kommission des zweimal jährlich tagenden Unesco-Exekutivrats. 24 Mitgliedstaaten stimmten dafür, 26 enthielten sich, zwei waren abwesend. Zu den sechs Gegenstimmen zählte auch Deutschland. Betont wird im Text zwar "die Bedeutung der Jerusalemer Altstadt für die drei monotheistischen Religionen", also für Judentum, Christentum und Islam. Aufregung verursacht aber, dass der Tempelberg allein unter den arabischen Namen "Haram al-Scharif" (das erhabene Heiligtum) oder Al-Aksa-Moschee genannt wird.

Das Areal, auf dem die muslimische Al-Aksa-Moschee und der Felsendom stehen, gilt als sensibelster Ort des Nahost-Konflikts, an dem sich immer wieder blutige Auseinandersetzungen entzünden. Heute beten oben auf dem Plateau die Muslime, während sich die Juden unten an der Klagemauer versammeln. Anders als im übrigen Jerusalem, das von der israelischen Regierung einseitig zur "auf ewig ungeteilten Hauptstadt" erklärt wurde, wird der Tempelberg alias Haram al-Scharif von der muslimischen Waqf-Stiftung verwaltet. Das ist vielen religiösen Rechten in Israel ein Dorn im Auge, manche träumen gar von einer Wiedererrichtung des Tempels, der bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 nach Christus hier stand. Zuletzt hatte es immer wieder Krawall gegeben, wenn jüdische Gruppen den Tempelberg besuchten.

Vor diesem Hintergrund wird die Resolution von der Jerusalemer Regierung als eine Art Kampfansage verstanden. Premierminister Benjamin Netanjahu spricht von "absurdem Theater". Die jüdische Verbindung zum Tempelberg zu leugnen sei so, "wie zu sagen, dass China keine Verbindung zur Chinesischen Mauer und Ägypten zu den Pyramiden hat". Was komme als nächstes: "Eine Unesco-Entscheidung, die die Verbindung leugnet zwischen Erdnussbutter und Marmelade? Zwischen Batman und Robin? Zwischen Rock'n'Roll?" Unterstützung bekam Netanjahu im Krieg der Worte von der israelischen Opposition, von der US-Regierung und dem Jüdischen Weltkongress. Damit verhärten sich die Fronten in einem Konflikt, der schon länger schwelt. Denn die Unesco hatte 2011 gegen den Widerstand Israels die Palästinenser als Vollmitglied aufgenommen. Seitdem zahlen aus Protest auch die USA keinen Mitgliedsbeitrag mehr, was die Organisation in finanzielle Bedrängnis bringt. Mit der neuen Resolution dürften die Chancen auf eine Wiederaufnahme amerikanischer Zahlungen nicht gestiegen sein.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2016
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