Süddeutsche Zeitung

Nahostkonflikt:"Alle Seiten müssen deeskalieren"

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Die Gewalt in Jerusalem hat sich am Montag zu Raketen- und Luftangriffen zwischen Palästinensern und Israel ausgeweitet. Die internationale Gemeinschaft reagiert besorgt.

Die jüngste Eskalation im Nahen Osten führt zu empörten und besorgten Reaktionen aus dem Westen. Die Vereinten Nationen warnen ebenso wie EU und USA vor einer Eskalationsspirale mit ungewissem Ausgang.

Bundesaußenminister Heiko Maas fordert alle Seiten auf, zivile Opfer zu verhindern. "Raketenbeschuss auf die israelische Zivilbevölkerung ist durch nichts zu rechtfertigen - und erst recht kein Beitrag zur Lösung des Konflikts, sondern sinnlose neue Eskalation", schrieb er am Montagabend auf Twitter.

UN-Generalsekretär António Guterres drückte am Montag Besorgnis über die gewaltsamen Zusammenstöße und die mögliche Vertreibung palästinensischer Familien aus ihren Häusern aus. Er rief Israel auf, weitere Zwangsräumungen einzustellen.

"Alle Seiten müssen deeskalieren, Spannungen reduzieren und praktische Schritte zur Beruhigung der Lage ergreifen", so US-Außenminister Tony Blinken, doch Israel habe "das Recht, sein Volk und Territorium vor diesen Angriffen zu schützen". Insgesamt sei die US-Regierung tief besorgt über die Lage in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen. Es sei für alle Seiten entscheidend, für Ruhe zu sorgen und die Spannungen zu entschärfen und gewaltsame Konfrontationen zu vermeiden.

Proteste in Türkei gegen israelisches Vorgehen

In der Türkei dagegen versammelten sich Tausende vor der israelischen Botschaft in Ankara und dem Konsulat in Istanbul, um gegen das israelische Vorgehen gegen Palästinenser zu protestieren. Einer Erklärung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zufolge hat dieser mit König Abdullah von Jordanien telefoniert und erklärt, dass die "unmenschlichen" Angriffe gegen Palästinenser sich gegen alle Muslime richteten und dass die Türkei und Jordanien zusammenarbeiten müssten, um sie zu stoppen. Erdoğan hat Israel für die "Angriffe in Jerusalem" scharf verurteilt und das Vorgehen als "Terror" bezeichnet.

Seit mehreren Tagen kommt es zu heftigen Zusammenstößen in Jerusalem, unter anderem zwischen Polizei und Palästinensern mit vielen Verletzten. Am Montag hatte der militärische Flügel der Hamas ein Ultimatum gestellt: Israel müsse alle Polizisten und Siedler vom Tempelberg sowie aus dem Viertel Scheich Dscharrah in Ostjerusalem abziehen und alle im Rahmen der jüngsten Konfrontationen festgenommenen Palästinenser freilassen. Kurz nach Ablauf des Ultimatums der islamistischen Hamas haben militante Palästinenser mehrere Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Seitdem wurden nach Angaben des israelischen Militärs mehr als 200 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel geschossen. Etwa ein Drittel aller abgefeuerten Raketen sei noch im Gazastreifen niedergegangen. Dies sei außergewöhnlich viel und habe dort wohl auch Opfer zur Folge.

Israel reagierte mit Luftangriffen in dem Küstenstreifen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza kamen bei der jüngsten Eskalation der Gewalt 22 Palästinenser ums Leben, darunter neun Kinder. 106 Menschen wurden verletzt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den militanten Palästinenserorganisationen mit einer harten Reaktion gedroht. Er sagte, man habe eine "rote Linie" überschritten.

Mittlerweile ist es im Zuge der jüngsten Eskalation zwischen Israel und den Palästinensern auch in weiten Teilen Israels zu schweren Ausschreitungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Vor allem in Ortschaften im Norden und Süden des Landes kam es nach Medienberichten zu zahlreichen gewaltsamen Demonstrationen. Palästinensische Jugendliche warfen mit Steinen. Mehrere Fahrzeuge seien in Brand gesetzt worden. Fernsehreporter verglichen die Vorfälle mit dem zweiten Palästinenseraufstand (Intifada) vor zwei Jahrzehnten. Israels Regierung stimmt die Bürger schon auf einen längeren Konflikt ein.

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