Süddeutsche Zeitung

Israel:Hin und wieder auch in Syrien

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Das gelegentliche Eingreifen des Landes in den komplizierten Konflikt gilt vor allem dem Kampf gegen die Hisbollah-Miliz. Denn diese wird vom Assad-Regime mit Waffen versorgt.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Der Angriff ist im Schutz der Nacht geschehen, ein Außenbezirk von Damaskus war das Ziel - und als sich der Pulverdampf gelegt hatte, war klar, wohin die Spur führt: nach Israel. Kampfflugzeuge aus dem Nachbarland, so meldete am Mittwoch die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana, hätten vom libanesischen Luftraum aus zwei Raketen abgeschossen. Aus syrischen Oppositionskreisen wurde ergänzt, dass neben einem Waffenlager der Regierungstruppen auch ein Lastwagen-Konvoi auf der Route nach Beirut bombardiert worden sei. Israels Armee reagierte wie gewohnt mit Schweigen.

Alltäglich ist es gewiss nicht, dass auch israelische Kampfjets im syrischen Kriegschaos mitmischen. Neu ist es allerdings auch nicht: Seit einem ersten Angriff im Januar 2013 auf einen mutmaßlichen Transport von Luftabwehrraketen greift Israel immer wieder dann in Syrien ein, wenn Waffen in die Depots der libanesischen Hisbollah verschoben werden sollen. Die Schiiten-Miliz kämpft an der Seite des Despoten Baschar al-Assad und wird dafür im Gegenzug offenbar gut versorgt. Zu Scharmützeln kommt es überdies immer wieder auf den Golanhöhen, die Israel 1967 von Syrien erobert und inzwischen annektiert hat. Auf vereinzelten Beschuss von syrischer Seite reagiert Israel stets prompt mit Gegenfeuer.

In dieser Woche kam noch ein Novum dazu: ein direkter Schlagabtausch zwischen der israelischen Armee und dem sogenannten Islamischen Staat. Kämpfer der zum IS gehörenden Brigade der Märtyrer von Jarmuk hatten am Sonntag im Grenzgebiet leichtsinnigerweise eine israelische Einheit mit Maschinengewehren und Mörsern angegriffen. Beim anschließenden Luftangriff auf ihr Fahrzeug wurden vier Islamisten getötet. In der Nacht zum Montag folgte das Bombardement auf ein leeres UN-Gebäude, das von IS-Kämpfern als Versteck genutzt worden war.

Grundsätzlich aber hat Israel kein Interesse, in den syrischen Sumpf hineingezogen zu werden - solange keine roten Linien überschritten werden. Die Lieferungen aus Syrien an die Hisbollah werden deshalb als bedrohlich angesehen, weil die Waffen in einem späteren Krieg gegen Israel zum Einsatz kommen könnten. "Das bereitet uns Sorgen", sagte dazu ein hoher Luftwaffenoffizier im Gespräch mit einer kleinen Gruppe von Auslandskorrespondenten, "aber das ist hier der Nahe Osten, da passiert so etwas eben."

Anfangs hatte sich auch die syrische Seite bemüht, die israelischen Angriffe totzuschweigen, um nicht als schwach dazustehen und in den Zugzwang einer Vergeltung zu geraten. Seit sich die Lage auf den Schlachtfeldern jedoch für Assads Truppen günstiger darstellt, wird auch die Rhetorik in Richtung Israel lauter. Komplizierter für Israel wurde die Lage zudem durch das Eingreifen Russlands. Präsident Wladimir Putin und Premierminister Benjamin Netanjahu haben dazu ein Abkommen geschlossen, das sicherstellen soll, dass sich die beiden Luftwaffen nicht ins Gehege kommen. Es handele sich dabei jedoch nicht um eine "Kooperation" in Syrien, betonte der Luftwaffenoffizier, der namentlich nicht genannt werden will. "Es geht nur darum, Sicherheitsmaßnahmen zu koordinieren."

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SZ vom 01.12.2016
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