Süddeutsche Zeitung

Israel:Auf der Beschleunigungsspur

Lesezeit: 2 min

Als vierter arabischer Staat will Bahrain volle diplomatische Beziehungen mit Israel aufnehmen - die Ankündigung kommt überraschend.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Auf dem Weg zum Frieden mit der arabischen Welt sieht sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu plötzlich auf der Beschleunigungsspur: 15 Jahre habe es nach dem Abkommen mit Ägypten 1979 gedauert bis zu einem weiteren Friedensvertrag, der 1994 mit Jordanien geschlossen wurde. Danach seien 26 Jahre vergangen bis zu dem Mitte August 2020 angekündigten Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Und nun, so rechnet er vor, habe man lediglich noch 29 Tage warten müssen, bis sich Bahrain als vierter arabischer Staat zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen mit Israel bereit erklärte. "Das ist eine neue Ära des Friedens", erklärte Netanjahu.

Die am Freitag von US-Präsident Donald Trump wieder einmal per Twitter verkündete Nachricht von einem erneuten "historischen Durchbruch" in Nahost ist in Israel mit Freude und Genugtuung aufgenommen worden. Schließlich deutet die Einigung mit Bahrain darauf hin, dass die vor Monatsfrist verkündigte Vereinbarung mit den VAE kein singuläres Ereignis, sondern eher ein Pilotprojekt sein könnte. Zu der für Dienstag angesetzten Unterzeichnung des sogenannten Abraham Abkommens im Weißen Haus wurde deshalb nun flugs auch noch ein Vertreter Bahrains eingeladen. Auf einen Schlag kann Netanjahu also gleich zwei Normalisierungsabkommen mit dem jeweiligen Außenminister der neuen arabischen Partnerstaaten unterzeichnen.

Wie schon beim Abkommen mit den VAE reagieren die Palästinenser mit Empörung

Die Verbindungen zu Bahrain waren ebenso wie die zu anderen Golfstaaten seit Jahren schon im Halbverborgenen intensiv gepflegt worden. Neben der gemeinsamen Sorge vor Iran geht es dabei vor allem um Wirtschaftsbeziehungen. "Wir haben seit Jahren in den Frieden investiert, nun investiert der Frieden in uns", sagte Netanjahu und versprach, dass der Bahrain-Deal "wirklich große Investitionen in Israels Wirtschaft bringen" werde. In Bahrains Hauptstadt Manama war im Juni 2019 der wirtschaftliche Teil von Trumps Nahost-Friedensplan vorgestellt worden.

Trotz der stetigen Annäherung kommt die Vereinbarung mit Bahrain zum jetzigen Zeitpunkt dennoch überraschend. Denn noch Ende August und Anfang September hatte das dortige Königshaus dem angereisten US-Außenminister Mike Pompeo sowie kurz darauf Trumps Schwiegersohn und Nahost-Gesandten Jared Kushner gegenüber betont, man bleibe der Arabischen Friedensinitiative von 2002 verbunden. Darin wird Israel eine Normalisierung als Gegengeschäft für einen Rückzug aus den 1967 im Sechstagekrieg besetzten Gebieten und die Gründung eines Palästinenserstaats angeboten. Nun normalisiert auch Bahrain seine Beziehungen zu Israel ohne diese Bedingung. König Hamad bin Isa Al-Khalifa mahnte lediglich einen "gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern auf Basis der Zwei-Staaten-Lösung" an.

Wie schon beim Abkommen mit den VAE reagierten die Palästinenser empört. Bei Protesten wurden sogleich Fotos des bahrainischen Königs verbrannt. Der in Manama stationierte Botschafter wurde zurückbeordert. Die Autonomiebehörde in Ramallah sprach von einem "Betrug an Jerusalem, der Al-Aksa-Moschee und der palästinensischen Sache". Die Enttäuschung wiegt umso schwerer, weil die Palästinenser in der vorigen Woche bereits bei der Arabischen Liga mit dem Vorstoß gescheitert waren, die VAE wegen der Beziehungen zu Israel verurteilen zu lassen.

Unterstützung erhielten die Palästinenser von der Türkei, die das Abkommen mit Bahrain als "Ermutigung für Israel, sein illegitimes Vorgehen fortzusetzen" bewerteten. Heftige Attacken kamen aus Iran, wo das Außenministerium in einer Erklärung von einer "niederträchtigen Entscheidung sprach. Bahrain sei nun "ein Partner der Verbrechen des zionistischen Regimes". Gerichtet sind solche Worte aus Teheran gewiss auch an die schiitische Bevölkerungsmehrheit in Bahrain, die dort von der sunnitischen Minderheit beherrscht wird.

Oman, das immer wieder als weiterer Kandidat für eine Aufnahme von Beziehungen zu Israel gehandelt wird, begrüßte den Schritt der Führung aus Bahrain, hielt sich aber selbst weiter bedeckt. Israels Premier Netanjahu war bereits 2018 zu Gesprächen in Oman empfangen worden. Bundesaußenminister Heiko Maas würdigte das Abkommen als einen "weiteren wichtigen Schritt zum Frieden in der Region". Er verwies zugleich drauf, dass zu einem "dauerhaften Frieden" eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern gehöre.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5030341
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.09.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.