Süddeutsche Zeitung

Illegale Autorennen:Im Schritttempo gegen Raser

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Im Herbst 2016 drangen Politiker auf härtere Gesetze gegen illegale Autorennen. Doch der Elan ist erlahmt. Dabei drängt die Zeit.

Von Markus Balser, Berlin

Die Ankündigungen versprachen Härte, die Minister Eile: "Wer sich an illegalen Rennen beteiligt, muss hart bestraft werden", betonte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im vergangenen Herbst. "Um die abschreckende Wirkung zu erhöhen, verschärfen wir die Strafen", sagte der CSU-Politiker, als der Prozess um ein illegales Autorennen in Berlin Schlagzeilen machte. "Ich halte diese Raser-Events für ein Hobby von Verrückten", sprang ihm Justizminister Heiko Maas (SPD) zur Seite. Strengere Gesetze müssten her, es gehe ja nicht um Bagatellen.

Doch nur ein paar Monate später ist der Elan erlahmt. Der aufsehenerregende Schuldspruch vom Montag, mit dem ein Berliner Gericht zwei Autoraser nach einem tödlichen Rennen wegen Mordes verurteilte, macht zwar deutlich, wie groß die Gefahr ist. Doch von Eile ist in den Berliner Ministerien derzeit nichts zu spüren. Der Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums sei im November in die Ressortabstimmung gegangen, heißt es aus Dobrindts Ministerium. Die aber sei noch nicht abgeschlossen. Dabei müsste der Entwurf möglichst schnell das Kabinett passieren, sollte er noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden. Je länger die Abstimmung dauert, desto unwahrscheinlicher wird ein Gesetz der aktuellen Regierung.

Parlamentarier drängen deshalb zur Eile. Die SPD-Politikerin Kirsten Lühmann forderte am Montag eine rasche Einigung. Denn bislang sind die Abschreckungswirkungen der bestehenden Sanktionsmöglichkeiten nicht sonderlich groß. Autorennen gelten nicht als Straftaten, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeiten. Jedenfalls dann, wenn niemand zu Schaden kommt. In solchen Fällen drohen Teilnehmern illegaler Rennen lediglich 400 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Für den Veranstalter eines Rennens wird ein Bußgeld von 500 Euro fällig.

Dem 13-seitigen Entwurf Dobrindts zufolge sollen dagegen künftig Freiheitsstrafen zwischen zwei und zehn Jahren möglich sein. Behörden sollen den Führerschein für bis zu fünf Jahre einziehen können. Die schärferen Gesetzte sind jedoch inzwischen zum Politikum geworden. Denn auch der Bundesrat hatte bereits Ende September beschlossen, im Bundestag einen Gesetzentwurf einzubringen, der härtere Strafen für illegale Autorennen vorsieht. Danach sollen Rasern bis zu zwei Jahre Haft drohen. Auch der Länderkammer schwebt der Entzug des Führerscheins als Strafe vor - er müsste dann neu gemacht werden. Schließlich könnten bei einer Verurteilung auch die Fahrzeuge für längere Zeit weggenommen werden. Teilnehmer von solchen Rennen, die Unbeteiligte in Gefahr bringen und nur durch Zufall keinen Schaden verursachen, sollen bis zu fünf Jahre in Haft kommen können. Und wenn es zu schweren Verletzungen oder gar Todesfällen komme, sollen Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahre greifen. So sieht es der geplante Straftatbestand "verbotene Kraftfahrzeugrennen" vor. Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), der die Initiative mit Hessen angestoßen hatte, sprach von einem "lebensgefährlichen Trendsport". Allein Nordrhein-Westfalen zähle 230 angezeigte illegale Autorennen pro Jahr. Zwar liegen die Strafen nicht weit auseinander. Während das Bundesverkehrsministerium jedoch dafür die Straßenverkehrsordnung entsprechend verschärfen will, plant der Bundesrat eine Änderung im Strafgesetzbuch (StGB). Und so diskutiert die große Koalition weiter über juristische Details. Selbst aus dem Justizministerium kommt die Mahnung, stattdessen rasch zu handeln. Das Dringen der Bundesregierung auf ein eigenes Gesetz könnte dies letztlich verzögern, heißt es aus dem Ministerium von Heiko Maas. Möglicherweise sei es sinnvoller, sich der Bundesratsinitiative anzuschließen. Parlamentarier sehen das Gesetz ohnehin nur als Teil einer Lösung. Zu hohe Geschwindigkeit sei immer noch die Todesursache Nummer eins auf deutschen Straßen, warnt Lühmann. Deshalb befürworte sie den Einsatz von mehr Radaranlagen. Sie seien zwar nicht sehr beliebt, aber sehr erfolgreich.

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SZ vom 28.02.2017
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