Süddeutsche Zeitung

Hu Jintao in den USA:Rhetorische Volten

China bewegt sich bei den Menschenrechten - zumindest im Tonfall. Doch das sind eher rhetorische Volten, als eine reale Kehrtwende. US-Präsident Obama reagiert listig.

Reymer Klüver

Bewegt sich China bei den Menschenrechten? Im Tonfall gewiss. Es ist bemerkenswert, dass sich der oberste von Pekings kommunistischen Oligarchen zur universellen Gültigkeit der Menschenrechte bekannte und zugab, dass China Nachholbedarf hat. Das lässt hoffen.

Allerdings: Wer Hu Jintao zugehört hat, wird die üblichen Einschränkungen nicht verpasst haben. Wenn Hu von "speziellen nationalen Umständen" spricht und das Prinzip der "Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten" zitiert, deutet das sehr stark darauf hin, dass seine Äußerungen eher eine rhetorische Volte sind denn eine reale Kehrtwende.

US-Präsident Barack Obama wiederum hat demonstriert, dass sich der Westen gegenüber China in der Menschenrechtsfrage nicht verbiegen muss. Es war ein verbaler Doppelschlag.

Erst bekannte er sich zur allgemeinen Gültigkeit der Menschenrechte, dann empfahl er seinem Gast listig deren Einhalt als einen Weg, um den Aufstieg Chinas zu beschleunigen. Das ist ein bemerkenswerter Unterschied etwa zu seinem Vorgänger, der die Einhaltung der Menschenrechte zwar mitunter mit missionarischem Eifer vortrug - damit aber herzlich wenig erreichte.

Obama ist in seinem Bekenntnis zu den Menschenrechten nicht weniger eindeutig, geht aber subtiler vor. Das war nicht immer so. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Außenministerin Hillary Clinton in Absprache mit dem Weißen Haus die Menschenrechte im Umgang mit China zur zweitrangigen Frage degradiert: Sie sollten die Verhandlungen über die globale Finanzkrise und über den Klimaschutz nicht stören. Diesen Ansatz in der China-Politik hat Obama korrigiert. Dafür verdient er Respekt.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2011
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