Süddeutsche Zeitung

Nach Massenprotesten:Hongkong verbietet Masken bei Demonstrationen

Lesezeit: 2 min

Seit mehr als 50 Jahren wurde das Gesetz nicht mehr bemüht - nun soll das noch aus der Kolonialzeit stammende Vermummungsverbot von Mitternacht an wieder gelten. Die Hongkonger Regierung hat das Notstandsgesetz aktiviert, teilte die Regierungschefin Carrie Lam am Freitag vor der Presse mit. "Die Gewalt zerstört Hongkong", sagte Lam. "Als eine verantwortungsbewusste Regierung haben wir die Pflicht, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden, um die Eskalation der Gewalt zu stoppen und den Frieden wiederherzustellen." So soll, dem Amt für Sicherheit zufolge, das Tragen von Masken in Menschenansammlungen von mindestens fünf Personen verboten sein.

Unklar blieb zunächst, wie ein Vermummungsverbot durchgesetzt werden kann. Viele Demonstranten trugen während der Massenproteste der vergangenen Monate Gesichtsmasken, um sich vor dem von der Polizei eingesetzten Tränengas zu schützen und aus Angst vor Strafen. China hat bereits Druck auf Unternehmen in Hongkong ausgeübt, Mitarbeiter zu entlassen, die an den Protesten teilgenommen haben. Doch aus Furcht vor Krankheitserregern gehen viele Menschen in der dicht besiedelten Stadt grundsätzlich nur mit einem Mundschutz vor die Tür. Lam erklärte, es werde Ausnahmen für einige Personen geben, die auf Masken angewiesen seien.

Eine Missachtung des Verbotes kann mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von knapp 3000 Euro bestraft werden, wie eine chinesische Zeitung berichtet. Außerdem würde in Erwägung gezogen, die Zeit, die Verdächtige nach der Verhaftung festgehalten werden können, über die zurzeit geltenden 48 Stunden hinaus auszuweiten. Grund dafür sei die große Zahl an festgenommenen Demonstranten. Die Polizei käme mit der Arbeit einfach nicht hinterher.

Das nun aktivierte Vermummungsverbot könnte weitere Proteste am Wochenende nach sich ziehen. Bereits während die Regierungssprecherin am Freitag das Inkrafttreten des Vermummungsverbotes bekannt gab, begannen sich Demonstranten zu versammeln und einige der Hauptstraßen Hongkongs zu blockieren. Geschäfte schlossen frühzeitig. Es wird erwartet, dass es, wie in den vergangenen Wochen, zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei kommt.

Seit mehr als vier Monaten wird in Hongkong gegen die dortige Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking auf die Sonderverwaltungsregion protestiert. Die Demonstrationen waren im Juni durch einen Auslieferungsgesetzentwurf ausgelöst worden. Viele betrachteten den Entwurf als Beispiel für eine sich ausbreitende Einmischung Chinas. Die Regierung hat den Entwurf zwar zurückgezogen, doch die Demonstranten haben ihre Forderungen ausgeweitet. Sie verlangen direkte Wahlen für die Stadtregierung - und dass die Polizeigewalt untersucht wird.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4626785
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Sz.de/dpa/Bloomberg/Reuters/AP/hij
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.