Süddeutsche Zeitung

Demokratiebewegung:Wo stehen Hongkongs Unternehmer?

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Von Christoph Giesen, Hongkong

In den vergangenen Tagen hatten sie bei der Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific Ernst gemacht: Vier Mitarbeiter - darunter zwei Piloten - verloren ihren Job, unter anderem, weil sie sich an Demonstrationen in der ehemaligen britischen Kronkolonie beteiligt hatten. Nun gibt es einen fünften Mitarbeiter, der das Unternehmen vorzeitig verlässt. Es ist Vorstandschef Rupert Hogg persönlich, am Freitag kündigte er seinen Rücktritt an. Er übernehme angesichts der "jüngsten Ereignisse" Verantwortung, teilte die Fluggesellschaft mit.

Die Luftfahrtbehörde in Peking hatte vergangene Woche Cathay Pacific mitgeteilt, dass Mitarbeiter, die an "illegalen Protesten" gegen die Hongkonger Regierung teilgenommen haben, Gewalt anwenden oder aber "übermäßig radikales Verhalten" unterstützten, nicht mehr in die Volksrepublik fliegen oder den chinesischen Luftraum durchqueren dürfen. Vor jedem Flug muss Cathay Pacific nun Namen und Daten aller Crew-Mitglieder vorab übermitteln.

Für Cathay Pacific eine schwere Bürde, denn fast jeder Flug der Gesellschaft landet entweder direkt in der Volksrepublik oder aber führt über chinesisches Territorium. Noch am Montag untersagte Hogg seinen Mitarbeitern an "illegalen Protesten" teilzunehmen, sonst drohe der Rausschmiss. Fünf Tage später ist er selbst weg. Verwaltungsratschef John Slosar sagte, die Fluggesellschaft brauche ein neues Management, um das Vertrauen in ihr Engagement für Sicherheit wiederherzustellen, das "in Zweifel gezogen" worden sei. Anstelle von Hogg übernimmt Augustus Tang, der seit Langem für Cathay Pacific tätig ist.

Poetische Zeilen zensiert

Unterdessen rätselt Hongkong darüber, was Li Ka-shing, der reichste Mann der Stadt, mit seinen Anzeigen wollte, die am Freitag in mehreren Zeitungen erschienen. In den vergangenen Tagen hatten sich etliche Unternehmer zu Wort gemeldet. Sie alle sprachen sich gegen Gewalt und Chaos aus. Aufseiten der Demonstranten wird deshalb gemutmaßt, dass die Regierung in Peking sie darum gebeten habe.

Nun war Li an der Reihe. Der 91-Jährige, der einst als Jugendlicher aus China nach Hongkong geflohen und mit Immobilien reich geworden war, schaltete gleich zwei ganzseitige Anzeigen. Beide unterzeichnete er beinahe bescheiden als "ein Hongkonger Einwohner Li Ka-shing". In der farbigen Anzeige ist das chinesische Zeichen für "Gewalt" mit einem Kreuz durchgestrichen. Dazu der Hinweis, dass die besten Absichten zum schlechtesten Ergebnis führen können. Doch auf wen bezieht sich das? Auf die Demonstranten oder auf die chinesische Regierung?

Nach noch mehr Interpretationshilfe verlangt die zweite Anzeige, die nur einen Satz lang ist: "Die Melone von Huangtai kann die Ernte nicht mehr ertragen." Es handelt sich dabei um eine Gedichtzeile aus der Tang-Zeit und ist also mehr als tausend Jahre alt. Es sind die Worte eines Kaisersohnes, der von seiner Mutter unter Hausarrest gestellt wurde und sie mit dem Gedicht erweichen wollte. Vergeblich, sie zwingt ihn, Suizid zu begehen. Seitdem wird "Die Melone von Huangtai" in der chinesischen Kultur als Ausdruck dafür verwendet, das Leid der Verfolgung auf poetische Weise zu beschreiben. Und auch hier wieder die Frage: Wen meint Li? Im chinesischen Internet wurden Lis Worte vorsorglich zensiert.

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Quelle:
SZ vom 17.08.2019
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