Süddeutsche Zeitung

Hongkong:Brüssel kommt zu spät

Tausenden Demonstranten droht die Haft, die Parlamentswahlen sollen verschoben werden: Recht und Freiheit sind in Hongkong Geschichte. Das europäische Maßnahmenpaket als Reaktion auf Chinas Sicherheitsgesetz kommt um einiges zu spät.

Von Lea Deuber

Außenminister Heiko Maas spricht von einem "Zeichen der Solidarität". Doch das europäische Maßnahmenpaket als Reaktion auf Chinas Sicherheitsgesetz ist nur Symbolpolitik. Seit seiner Einführung sind in Hongkong Hunderte festgenommen worden, Tausenden Demonstranten droht jahrzehntelange Haft. Nun sollen die Parlamentswahlen im September verschoben werden. Gerade erst hat Peking die Teilnahme an den Vorwahlen zur Straftat erklärt. Und auch, dass Juraprofessor und Demokratie-Aktivist Benny Tai von der Universität Hongkong entlassen wurde, zeigt: Recht und Freiheit sind Geschichte. Die sanften Mahnungen aus Brüssel kommen zu spät.

Das zögerliche Auftreten der EU ist in Hongkong mit Fassungslosigkeit verfolgt worden. Besonders das Schweigen Berlins hat viel Schaden angerichtet. China schimpft und droht zwar in Richtung Brüssel. Die ausbleibenden klaren Worte aus Berlin dürften Peking aber in seinem Kurs bestätigt haben. Die Kommunistische Partei sieht in Berlin ihren wichtigsten Verbündeten in Europa. Eine starke Reaktion aus Deutschland hätte Gewicht gehabt. Selten hat sich Deutschlands Abhängigkeit von China stärker gezeigt. Angela Merkel hatte angekündigt, die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für eine neue China-Politik zu nutzen. Dafür hat sie jede Glaubwürdigkeit verspielt.

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Quelle:
SZ vom 30.07.2020
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