Süddeutsche Zeitung

Haftbefehl erlassen:Attila Hildmann ist abgetaucht

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Nach Monaten will die Justiz gegen den Wortführer der Corona-Verschwörungsideologen durchgreifen, doch Hildmann sucht das Weite - und meldet sich von einem unbekannten Ort.

Von Ronen Steinke, Berlin

Der vegane Koch Attila Hildmann, einer der Wortführer der Corona-Verschwörungsmythen, wird von den Berliner Sicherheitsbehörden mit Haftbefehl gesucht. Am Freitag hatte das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den 39-Jährigen erlassen.

Hintergrund ist die Hetze, die Hildmann seit dem vergangenen Frühjahr über soziale Medien verbreitet, vor allem über seinen Kanal beim Chatdienst Telegram, den mehr als 100 000 Menschen abonniert haben. Dutzende Strafanzeigen liegen den Ermittlern in Berlin deshalb vor, es geht um Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung. Zuletzt hatte Hildmann gepostet, Deutschland sei eine "Judenrepublik", Deutsche hätten "nichts zu melden".

In seinem Haus in Wandlitz suchten ihn Polizisten vergebens

Da es aber Hildmann offenbar gelungen ist, vor seiner Verhaftung unterzutauchen, geht das Verfahren gegen ihn wieder nicht voran. "Bin seit ein paar Wochen im wohlverdienten Urlaub", schrieb Hildmann jüngst per Telegram, daneben zeigte er ein Foto von sich in der Natur an einem unbekannten Ort: "Was will man aktuell in Mao-Merkels BRD-Gulag?" Polizeibeamte hatten erfolglos versucht, ihn in seinem Haus in Wandlitz in Brandenburg anzutreffen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin spricht von tausend Äußerungen Hildmanns, bei denen man den Verdacht eines Äußerungs- oder Propagandadelikts verfolge. Aber so verzögert sich eine Reaktion des Rechtsstaats ein weiteres Mal. Zuletzt hatten WDR und Süddeutsche Zeitung berichtet, dass das Berliner Landeskriminalamt die vor Monaten beschlagnahmten Festplatten Hildmanns noch immer nicht ausgewertet hat.

Im vergangenen Jahr waren die Ermittlungen gegen Hildmann lange überhaupt nicht vorangekommen, die ursprünglich zuständige Staatsanwaltschaft im brandenburgischen Cottbus hatte kaum auf Strafanzeigen gegen Hildmann reagiert. Erst im November rückte die Polizei bei Hildmann zur Hausdurchsuchung an - allerdings ohne Absprache mit der brandenburgischen Staatsanwaltschaft, die nach SZ-Informationen lieber auf weitere angeblich erforderliche juristische Klärungen warten wollte.

Kurz darauf übernahm die Staatsanwaltschaft Berlin den gesamten Fall, die neu eingerichtete Abteilung für Hasskriminalität dort verfolgte Hildmann seither mit deutlich mehr Druck - und steht nun dennoch mit leeren Händen da, erst einmal.

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