Süddeutsche Zeitung

Hessen:Ärger für schwarz-grüne Koalition

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Von Susanne Höll, Frankfurt

Noch in den Sommerferien hatte die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen viel Grund zur Freude. Eine Meinungsumfrage bescheinigte der Koalition große Popularität. Der Arbeitsstart in dieser Woche wurde aber der Öko-Partei und damit auch dem Bündnis etwas verhagelt: Die Grünen-Landtagsabgeordnete Mürvet Öztürk, zuständig für Flüchtlinge und Migration, erklärte aus Protest gegen die Asylpolitik ihren Austritt aus der Landtagsfraktion. In einer Mail, die ihre überraschten Kollegen zum Beginn der regulären Fraktionssitzung erhielten, tat sie ihren Rückzug kund.

Öztürk veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß: "Für die Verschärfung des Asylrechts auf Kosten Schutzsuchender stehe ich nicht zur Verfügung." Auf Nachfragen nahm sie Anstoß am jüngsten Kompromiss zwischen SPD und Union im Bund und sagte, sie akzeptiere nicht, dass im Gegenzug zu mehr Finanzhilfen des Bundes die Liste der sicheren Herkunftsländer erweitert werde. Sie beklagte zudem, sie habe sich mit Vorschlägen zur Flüchtlingspolitik in den eigenen Reihen nicht durchsetzen können.

In der Grünen-Fraktion wurde der Austritt mit Verblüffung aufgenommen. Dass sie nicht persönlich erschien und vorher, wie es hieß, auch kein Gespräch mit der Fraktionsführung gesucht hatte, löste auch Verärgerung aus. Es gab auch Irritationen darüber, dass Öztürk nicht die innerparteilichen Debatten über die Haltung zu den Vereinbarungen der großen Koalition abgewartet hatte. Die Grünen lehnen diese Pläne nicht grundsätzlich ab, stehen einer Kürzung finanzieller Unterstützung für Flüchtlinge und mehr Sachleistungen aber skeptisch gegenüber.

Keine Anzeichen für breiteren Unmut

In der hessischen Grünen-Fraktion gibt es bislang keine Anzeichen für einen breiteren Unmut über den Kurs in der Flüchtlingspolitik. Ob es Vorbehalte bei der Basis gibt, dürfte sich bei der Landesmitgliederversammlung zeigen, die Ende September stattfinden wird.

Die Grünen-Fraktion wies zugleich die Vorwürfe Öztürks zurück. Der Koalitionspartner CDU erklärte eilig, der Austritt habe keinerlei Einfluss auf die "sehr gute Zusammenarbeit" im Regierungsbündnis. Die Opposition interpretierte den Rückzug naturgemäß anders. Die FDP sprach von "tiefen Rissen" im Bündnis, in der in Wahrheit keine Einigkeit herrsche. Die Liberalen bekundeten Öztürk Respekt, ebenso wie die Linkspartei, die den Grünen vorwarf, an der Seite der Hessen-CDU zentrale Grundsätze ihres Wahlprogramms auch bei der Flüchtlingspolitik aufgegeben zu haben.

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SZ vom 09.09.2015
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