Süddeutsche Zeitung

Entscheidung der Bundesnetzagentur:Der Handyempfang in der Bahn bleibt schlecht

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Bahnreisende müssen noch länger auf ein gutes Handynetz warten: Die vollständige Freigabe der 900-Megahertz-Frequenz an den Bahngleisen verzögert sich bis 2024.

An Zugstrecken dürfen Mobilfunk-Unternehmen eine wichtige Frequenz weiterhin nur stark eingeschränkt nutzen, um das Handynetz zu verbessern. Bis zum 11. Dezember sollten eigentlich alle Lokomotiven neue, "gehärtete" Geräte bekommen. Doch die Umstellung verläuft schleppend, nach Angaben der Bundesnetzagentur sind in Deutschland noch immer mehr als 1000 der 14 000 zugelassenen Triebfahrzeuge nicht umgerüstet.

Hierbei geht es vor allem um Güterzüge von Konkurrenten der Deutschen Bahn. Um zu verhindern, dass viele Züge schlagartig nicht mehr fahren dürfen, erklärte die Regulierungsbehörde einen Beschluss von DB Netze für unwirksam und verschob die Frist auf den 14. Dezember 2024.

Daran gibt es nun massive Kritik: Der neue Zeitplan erscheine "wenig ambitioniert und unverhältnismäßig lang", heißt es von der Deutschen Telekom. Es sei mehr Tempo nötig, "um die wichtige Versorgung mit Mobilfunk in Zügen voranzutreiben". Die Telekom ist für eine Freigabe Mitte 2023. Auch die Deutsche Bahn ist für "eine kurzfristige Verschiebung um wenige Monate".

Die lange Verschiebung bedauere man sehr, sagt ein Bahnsprecher. "Jetzt müssen rund drei Milliarden Fahrgäste, die pro Jahr unsere Züge nutzen, noch weitere zwei Jahre auf besseren Mobilfunk an den Schienenstrecken warten." Von Vodafone heißt es, die Extra-Frequenz sei wichtig für das Ziel einer unterbrechungsfreien Datenverbindung für mobiles Arbeiten oder Streaming im Zug. "Wenn wir die zusätzlichen Flächenfrequenzen entlang der Gleise aktivieren, kommen wir diesem Ziel ein Stück näher", sagt die Technikchefin von Vodafone Deutschland, Tanja Richter.

Es werden Interferenzen mit dem Bahnfunk GSM-R befürchtet

Mehrere Medien hatten zuvor über die Entscheidung der Bundesnetzagentur berichtet. Es geht um das 900-Megahertz-Frequenzband, in dem Handynetz-Betreiber bisher nicht von Handymasten aus funken dürfen, die in unmittelbarer Nähe der Gleise stehen. Der Grund hierfür ist, dass Interferenzen mit dem Bahnfunk GSM-R befürchtet werden. Über den kommunizieren Lokführer, Stellwerke, Bautrupps und Fahrdienstleiter miteinander. Bei neuer Technik - sogenannten gehärteten Endgeräten - treten solche Störungen nicht mehr auf. Daher wurden alle in Deutschland tätigen Bahnunternehmen zur Umrüstung auf diese robusten Endgeräte verpflichtet, und zwar bis zum 11. Dezember 2022. Bis zu 100 Prozent der Kosten übernahm der Bund.

Betroffen von dem Funkverbot im 900er-Frequenzband ist die Gegend direkt neben der Bahnstrecke. Dort stehen die meisten Sendemasten, die für die Versorgung der Strecken gedacht sind. Genau diese Stationen dürfen weiterhin nicht in 900 Megahertz funken. Ab 500 Metern Entfernung ist das nach einer Einzelfallprüfung zwar möglich, die Prüfung ist aber kompliziert und kostet Zeit.

Von solchen recht weit entfernten Masten aus könnten die Firmen nach einer positiven Einzelfallprüfung zwar in 900 Megahertz bis auf die Gleise funken, da der Abstand ihrer Stationen zu den Bahnfunk-Sendern groß genug ist. Tatsächlich spielt diese Möglichkeit nach Angaben aus der Mobilfunkbranche aber kaum eine Rolle, weil die Netzbetreiber ihre Stationen möglichst nah an den Gleisen haben.

Lokomotiven müssen auf "gehärtete" Endgeräte umgerüstet werden

Es geht vor allem um Güterzüge von Bahn-Konkurrenten, die Deutsche Bahn selbst ist relativ weit - sie hat nach eigenen Angaben 97 Prozent ihrer Fahrzeuge entsprechend vorbereitet, im Sommer 2023 soll der Umrüstprozess abgeschlossen sein. 6000 DB-Fahrzeuge seien startklar.

Die Netzagentur hält die neue Zwei-Jahres-Frist für erforderlich. Die Behörde verweist auf Zahlen, denen zufolge ein zügigeres Vorgehen negative Folgen für den Zugverkehr haben könnte, etwa für die in der Energiekrise so wichtig gewordenen Kohletransporte.

Nach Erkenntnissen der Bonner Behörde werden im Juli 2023 voraussichtlich noch mehr als 800 Triebfahrzeuge nicht umgerüstet sein und Anfang 2024 noch mehr als 400. "Betroffen sind dann vornehmlich Fahrzeuge, die im grenzüberschreitenden Güterverkehr in mehreren Ländern eingesetzt werden", heißt es von der Netzagentur. Erst Ende 2024 hätte sich die Lage aus Sicht der Behörde so entspannt, dass die Pflicht für die "gehärteten" Geräte greifen könnte und keine großen Folgen für den Zugverkehr hätte.

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