NRW-Braunkohlerevier:Polizei verbietet Großdemo am Hambacher Forst
Lesezeit: 2 Min.
Von Christian Wernicke, Düsseldorf
Die Aachener Polizei hat die für Samstag geplante Großdemonstration für die Rettung des Hambacher Forsts untersagt. Die Veranstalter, ein breites Bündnis von Umweltverbänden, hätten keine ausreichendes Sicherheitskonzeption vorlegen können, bemängelte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach am Donnerstagabend.
Zu der Demonstration wurden mehr als 20 000 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Die Umweltverbände dürften an diesem Freitag gegen das Verbot Klage einreichen. Bereits am Donnerstagnachmittag hatte Dirk Jansen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) der CDU/FDP-Regierung in Düsseldorf vorgeworfen, sie wolle "diese friedliche und demokratische Demonstration offenbar verhindern".
Zur Begründung des Verbots verwies die Polizei vor allem auf Probleme der Veranstalter, von einem Eigentümer ein hinreichend großes Grundstück in Waldnähe zur Verfügung gestellt zu bekommen. Viele Flächen gehören längst dem RWE-Konzern, der den Wald zur Gewinnung von Braunkohle roden will. Ein RWE-Sprecher sagte der Süddeutschen Zeitung, man habe für die Veranstaltung zwei Flächen angeboten. Abgelehnt hat die Polizei offenbar die Idee, die Betontrasse der früheren A4 für die Demonstration zu nutzen. Die Sicherheitsbehörden bevorzugten angeblich das Marienfeld in Kerpen, auf dem 2005 der Papst mit mehr als einer Million Gläubigen eine Messe zelebriert hatte. Diese Fläche ist jedoch mehr als zehn Kilometer vom Hambacher Wald entfernt.
RWE hat den geräumten Wald inzwischen mit Gräben und Erdwällen umzogen. Unmittelbar am östlichen Rand des Hambacher Forsts wollen die nordrhein-westfälischen Grünen am Sonntag einen "kleinen Parteitag" (Parteirat) veranstalten. Die erwarteten 200 Teilnehmer treffen sich dazu auf dem sogenannten Widerstandsacker, einer etwa 500 Quadratmeter großen Fläche, die der BUND vor 20 Jahren gekauft hat.
"Wir tragen den Konflikt dort aus, wo er von Tausenden verortet wird - an der Abbruchkante", sagte der Co-Landesvorsitzende Felix Banaszak. Es sei dort "eine neue Bewegung für den Kohleausstieg" entstanden. Die Co-Landeschefin Mona Neubaur wies die Kritik von NRW-Innenminister Herbert Reul zurück, der den Grünen vorgeworfen hatte, sie würden mit der Veranstaltung "Öl ins Feuer gießen" und die Polizei unnötig belasten. "Von unserem Parteitag geht keine Gefahr aus," sagte Neubaur.
Forderung nach "Abholz-Moratorium"
Der grüne Parteirat will vom Energiekonzern RWE und von der schwarz-gelben Landesregierung einen sofortigen Rodungsstopp verlangen. Ein solches "Abholz-Moratorium" müsse gelten, solange in Berlin noch die Kohlekommission berate, wann und in welchen Stufen ein Ausstieg aus der Verstromung von Braunkohle vollzogen werde. Die Forderung nach einem unbefristeten Bestandschutz für den Wald findet sich in dem grünen Beschlussentwurf hingegen nicht.
Das Papier des grünen Landesvorstands thematisiert in einem Absatz auch die rot-grüne Mitverantwortung für die jetzige Lage: Rechtsgrundlage für die wahrscheinliche Teilrodung des 200 Hektar großen Waldstücks ist eine Leitentscheidung der damaligen Regierung aus SPD und Grünen von 2016. Die Grünen hatten der traditionell kohle-freundlichen SPD das Zugeständnis abgerungen, den Tagebau "Garzweiler II" zu verkleinern und so 1400 Menschen vor einer Umsiedlung zu bewahren.
Eine Rettung des heute umkämpften Waldes hatte in den rot-grünen Koalitionsverhandlungen hingegen keine Rolle gespielt. Auch im 260 Seiten langen Programm der Grünen für die Landtagswahl 2017, bei der Rotgrün abgewählt wurde, taucht der Hambacher Forst nicht auf. Am Sonntag wollen die Grünen nun die CDU/FDP-Regierung auffordern, mit einer neuen Leitentscheidung den Kohleausstieg in NRW zu beschleunigen.