Süddeutsche Zeitung

Wahlkampagne der Grünen:"Wir haben ein tolles Spitzenduo"

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Die Grünen stellen ihre ersten Großplakate vor - und konzentrieren sich dabei deutlich mehr aufs Team als auf "die Kanzlerkandidatin". Einem tut das sichtbar gut: dem gebeutelten Wahlkampfleiter Michael Kellner.

Von Stefan Braun, Berlin

Endlich mal gute Nachrichten. Wird jedenfalls Michael Kellner denken. Der grüne Wahlkampfleiter hat es nicht leicht in diesen Tagen, nach all den größeren und kleineren Baustellen um die eigene Kanzlerkandidatin. Da tut es gut, wenn er mal frohe Botschaften verkünden darf, froh sind sie mindestens für die eigenen Leute.

Und so zählt der 44-jährige Bundesgeschäftsführer auf, dass die Grünen in diesem Jahr fast doppelt so viele Mitglieder haben wie vor vier Jahren. Er berichtet von mehr als 100 000 freiwilligen Helfern, die den Wahlkampf überall im Land unterstützen werden. Er erzählt, dass die Nachfrage nach Großflächenplakaten um ein Vielfaches höher sei als 2017. Und dann betont er noch, dass ihnen das alles derzeit gelinge, obwohl sie mit einem Etat von gut zwölf Millionen Euro immer noch die "Underdogs" seien im Kampf um Wählerstimmen. Kellner geht das locker über die Lippen, seine Botschaft ist ja auch zu einfach: Seht her, wie gut wir heuer sind, viel besser als 2017.

Kellner hat zur Präsentation der Wahlkampagne geladen. Doch was kurz nach der Nominierung von Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin ein rauschendes Fest bei prächtigen Umfragen gewesen wäre, ist heute ein mühsamer Weg in ruppigem Gelände geworden. Zu sehr noch hängt der ganzen grünen Truppe die Mühsal in den Kleidern, die Baerbocks Fehler und Versäumnisse ausgelöst haben. Kellner versucht freilich, sich das nicht anmerken zu lassen, stellt große und kleine Plakate zusammen und spricht viel vom Optimismus, mit dem die Partei das Land verändern wolle.

Meist sind Baerbock und Habeck gemeinsam zu sehen

Dann kommt er zum Personal und damit zur Botschaft des Tages: "Wir haben ein tolles Spitzenduo." Selbstbewusst sagt Kellner das, und sehr entschieden. Und in den letzten dreieinhalb Jahren wäre einem diese Botschaft, weil sie durch die grünen Erfolge so gängig geworden ist, nicht weiter aufgefallen. Doch jetzt wird schnell klar, was sich da andeuten könnte: Dass die Grünen wieder mehr im Duo und weniger mit einer Kanzlerkandidatin alleine auftreten werden. Kellner wird später natürlich auch die Kandidatin loben; er wird außerdem beim vierten von vier Großflächenplakaten einen Solo-Auftritt von Annalena Baerbock erwähnen. Aber hängen bleibt an diesem Tag, dass die Grünen wieder mehr im "Wir" und etwas weniger mit "Annalena" für sich kämpfen.

Entsprechend sind auf den ersten drei Großplakaten, die alsbald im ganzen Land aufgestellt werden, Baerbock und Habeck gemeinsam zu sehen. Beim ersten mit dem Slogan: "Unser Land kann mehr, wenn man es lässt"; beim zweiten mit einem knappen "Zuhören und Zutrauen" und beim dritten mit "Klimaschutz mit Wirkung: sichere Arbeitsplätze". Nur das vierte von vier Motiven bildet Baerbock alleine ab, gekoppelt an ein paar Worte, in denen dann doch wieder das "Wir" auftaucht: "Zukunft passiert nicht. Wir machen sie."

Als Kellner nach der Präsentation (weitgehend digital) gefragt wird, ob die Kandidatin denn in einer späteren Phase noch mal in den Mittelpunkt gerückt werde, sagt er natürlich nicht Nein, aber auch nicht wirklich Ja. Offenkundig wollen sich die Grünen die Beantwortung dieser Frage noch ein bisschen aufheben.

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