Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Die Tabus der Lords

Baron Sewel of Gilcomstoun war einer der wichtigsten Abgeordneten im britischen Oberhaus, zuständig auch für den Verhaltenskodex der Parlamentarier. Doch nun hat der Labour-Mann Ärger mit der Polizei: Er soll Drogen konsumiert haben.

Von Björn Finke, London

Baron Sewel of Gilcomstoun bekleidete ein wichtiges Amt im Oberhaus des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, dem House of Lords. Der 69-Jährige war stellvertretender Sprecher des Hauses, und er leitete den Ausschuss, der den Verhaltenskodex für Abgeordnete überwacht. Von beiden Posten ist er jetzt zurückgetreten - wegen zweifelhaften Verhaltens. Das Boulevardblatt Sun on Sunday veröffentlichte Fotos und Video-Ausschnitte, auf denen er in Begleitung von Frauen weißes Pulver durch eine gerollte Fünf-Pfund-Note in die Nase zu ziehen scheint. Die Bilder einer versteckten Kamera sollen in seiner Londoner Wohnung aufgenommen worden sein; bei den Frauen handelte es sich der Zeitung zufolge um Prostituierte.

Am Montag brachte zudem die Sun auf Seite eins ein Foto des früheren Ministers der Labour-Partei, auf dem er statt eines Hemds einen orangenen Büstenhalter und eine Damen-Lederjacke trägt - angeblich strippte John Buttifant Sewel, so sein bürgerlicher Name, bei einer Sause mit Prostituierten. Die Sprecherin des Oberhauses, Baroness D'Souza, nannte das Benehmen ihres Stellvertreters "schockierend und inakzeptabel"; sie zeigte ihn bei der Polizei an. Dem verheirateten Vater von vier Kindern droht jetzt der Rauswurf aus dem Oberhaus. Ein neues Gesetz macht es möglich, Lords auszuschließen, wenn sie den Verhaltenskodex missachten. Es war Lord Sewel selbst, der dieses Gesetz einst auf den Weg brachte.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2583895
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.07.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.