Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Quälende Verhandlungen in Brüssel

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Renten, Steuern, Schuldenschnitt: Die zentralen Streitfragen mit Griechenland sind zum Auftakt des EU-Gipfels offen. Athen dringt auf eine Erleichterung der Schulden.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Der Schuldenstreit mit Griechenland hat den Auftakt des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel beherrscht. Die ersten eineinhalb Stunden sprachen die Staats- und Regierungschefs über die noch immer laufenden Verhandlungen, mit denen der Bankrott Griechenlands abgewendet werden soll. Bereits vor Gipfelbeginn dämpfte Kanzlerin Angela Merkel die Hoffnung auf eine rasche Einigung. Es gebe noch nicht die nötigen Fortschritte, an einigen Stellen sogar eher einen Rückfall. "Griechenland muss mit den Institutionen weiterverhandeln", sagte Merkel. Der Europäische Rat werde sich aber nicht in die Verhandlungen einmischen, dies sei die Aufgabe der Euro-Finanzminister. Deren Gespräche werden sich nun wohl bis ins Wochenende hinziehen. Nach ergebnislosen Verhandlungen am Donnerstag werden die Minister voraussichtlich am Samstag wieder beraten.

Das laufende Hilfspaket für Griechenland endet am 30. Juni. Bei einer Einigung könnte das griechische Parlament an diesem Sonntag darüber abstimmen. Danach müssen noch weitere nationale Parlamente zustimmen, darunter der Deutsche Bundestag. Auch am Donnerstag rangen die Spitzenvertreter der Kreditgeber, die sogenannten Institutionen aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras um eine Lösung. Ein hoher EU-Beamter erklärte, die Vorschläge beider Seiten seien "schlecht" miteinander zu vereinbaren.

Bereits am Vormittag und in der Nacht zuvor hatten Geldgeber und Vertreter der griechischen Regierung miteinander verhandelt. Unmittelbar vor dem Treffen der Euro-Finanzminister legten beide Seiten Reformvorschläge vor. Die Kreditgeber fordern weiter Einschnitte bei den Renten und Steuererhöhungen. Neu ist die Idee, die Tonnagesteuer für Handelsschiffe anzuheben. Eine von Athen vorgeschlagene Zusatzbelastung für Unternehmen, die mehr als 500 000 Euro Gewinn im Jahr machen, halten die Gläubiger dagegen für wachstumsfeindlich. Stattdessen fordern die Institutionen, den Gesundheitsbeitrag der Rentner weiter zu erhöhen, von vier auf sechs Prozent. Das käme einer Rentenkürzung um mehr als ein Prozent gleich.

Griechenland wiederum dringt auf eine Erleichterung bei der Schuldenlast - ohne diese sei kein Kompromiss möglich, hieß es in Athener Regierungskreisen. Der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis nannte die neuen Vorschläge der Kreditgeber "inakzeptabel". Sie zeigten, dass die Geldgeber "nicht verhandeln wollen".

Unterdessen hielt die EZB die griechischen Banken nach Informationen der Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg auch am Donnerstag mit Notkrediten liquide. Diese sind nötig, weil viele Bürger und Unternehmen in Griechenland Geld von ihren Bankkonten abheben. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kritisierte die permanente Gewährung der Hilfen. Inzwischen seien sie die einzige Finanzierungsquelle für die Institute, sagte er. "Das nährt Zweifel an ihrer finanziellen Solidität."

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Quelle:
SZ vom 26.06.2015
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