Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Außenposten an der Ägäis

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Ein neues Militärabkommen erlaubt es den USA, weitere Stützpunkte in Griechenland zu nutzen. Das kommt nicht überall gut an.

Von Christiane Schlötzer, Athen

Von Alexandroupolis, ganz im Nordosten Griechenlands, ist es nicht weit bis zur türkischen Grenze. Die Stadt hat weniger als 60 000 Einwohner und war auf den Karten touristischer Quartiermacher bislang ein weißer Fleck. Aber sie hat einen Hafen mit einem 500 Meter langen Containerpier. Dieser Hafen spielt nun eine zentrale Rolle in der neuen Militärkooperation zwischen Griechenland und den USA.

Die Vereinbarung wurde am Samstag in Athen bei einem Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo unterzeichnet. Der pries Griechenland als "Stabilitätsfaktor" in einer von Krisen erschütterten Region, in der auch die USA strategische Interessen hätten. Pompeo nannte das östliche Mittelmeer und den Balkan. Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sprach von einem "neuen Kapitel" in den gegenseitigen Beziehungen.

US-Außenminister Pompeo lobt die Regierung für eine Politik, die deren linke Vorgänger anstießen

Eigentlich hatte sich das Verhältnis zwischen Washington und Athen schon zu Zeiten der Linksregierung von Alexis Tsipras deutlich verbessert - parallel zur Verschlechterung der amerikanisch-türkischen Beziehungen. Tsipras hatte sich dafür vom linken griechischen Antiamerikanismus verabschiedet. Auch das Prespa-Abkommen, für das Pompeo jetzt Athen noch einmal lobte, hatte Tsipras durchgesetzt. Es beendete den Jahrzehnte alten Namensstreit mit dem Nachbarn und Nato-Anwärter Nordmazedonien. Mitsotakis' konservative Partei hatte "Prespa" teils vehement bekämpft. Seit die Konservativen aber im Juli die Wahlen gewonnen haben, ist ihre Kritik daran verstummt.

Pompeo bestritt einen Zusammenhang zwischen dem neuen Militärabkommen der beiden Nato-Länder und den Spannungen mit dem Nato-Mitglied Türkei. "Wir haben diese Vereinbarung geschlossen, weil sie im besten Interesse von Griechenland und den USA ist", sagt er bei einem Auftritt im Athener Niarchos-Kulturzentrum. Neben dem Hafen von Alexandroupolis dürfen die USA künftig auch zwei Flughäfen in Mittelgriechenland bei Larissa nutzen. Der schon existierende Marine- und Luftwaffenstützpunkt am Golf von Souda auf Kreta wird ausgebaut. Auch an enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit sei Washington interessiert, sagte Pompeo. Die Regierung von Mitsotakis hat ein betont investitionsfreundliches Klima versprochen, sie will viele Staatsbetriebe privatisieren.

Auch der Hafen von Alexandroupolis stand ganz oben auf der Privatisierungsliste. Diese Pläne dürften wegen der Militärkooperation "auf Eis gelegt werden", vermutet die Zeitung Kathimerini, zumal der Hafen auch für die Energieinteressen der USA große Bedeutung habe. Er liegt nah zur Trans-Adria-Erdgaspipline (TAP), die von2020 an - im Anschluss an die Transanatolische Pipeline (Tanap) von Aserbaidschan durch die Türkei - Gas über Griechenland und Albanien nach Italien bringen und die Abhängigkeit Europas von russischem Gas verringern soll. Zudem ist in Alexandroupolis der Bau einer Anlage zur Produktion von Flüssiggas geplant, zum Export auf den Balkan. Auch hier treffen sich griechische und amerikanische Interessen.

Pompeo nannte den Balkan "eine Region von strategischem Wettbewerb". Athen sollte auch hier, "schlechtem russischen Einfluss" Einhalt gebieten. Pompeo warnte ebenso vor chinesischen Investitionen in Infrastrukturprojekte in Europa. Griechenland hat allerdings bereits Piräus, seinen größten Container- und Passagierhafen, mit einer Langzeitkonzession an den chinesischen Konzern Cosco vergeben. Piräus gilt als europäischer Ausgangspunkt der von Peking geplanten "Neuen Seidenstraße". Danach gefragt, sagte Pompeo: Peking locke "mit billigem Geld", hinterlasse aber häufig halb fertige Projekte: "Wir wollen nicht, dass sie das Eigentum der Griechen stehlen."

Der griechische Außenminister Nikos Dendias nannte das Abkommen auch eine Sicherheitsgarantie für Athen. Er verwies auf die umstrittenen Gasbohrungen der Türkei vor Zypern. Pompeo sagte, illegale Bohrungen seien nicht akzeptabel. Südlich von Zypern werden große Erdgasvorkommen vermutet. Energiekonzerne bohren bereits im Auftrag der Regierung der griechisch geprägten Republik Zypern. Die Türkei verweist auf die fehlende Zustimmung der türkischen Zyprer und begründet damit die Entsendung eigener Bohrschiffe in die Gewässer um Zypern. Pompeo, offenbar bemüht, diesen Konflikt rhetorisch nicht weiter anzuheizen, riet allen Beteiligten zur Suche nach einem Kompromiss.

Bei einer Demonstration der kommunistischen Gewerkschaft Pame gegen den Pompeo-Besuch in Athen wurde eine US-Fahne verbrannt, Farbbeutel flogen auf eine Statue von Ex-Präsident Harry S. Truman. Die Polizei ging gegen einzelne Gewalttäter vor, über dem Zentrum der Stadt hing für Stunden eine Tränengaswolke.

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SZ vom 07.10.2019
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