Süddeutsche Zeitung

Gespräche zwischen Nord- und Südkorea:Verhandler in Kims Namen

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Von Christoph Neidhart, Tokyo

Ri Son-gwong leitet die Delegation Nordkoreas, die am Dienstag im Waffenstillstands-Dorf Panmunjom mit Südkorea verhandelt. Das hat Pjöngjang Seoul am Sonntag mitgeteilt. Mit Ris Ernennung macht Kim Jong-un klar, dass es seinem Regime bei diesen ersten Gesprächen seit 2015 um weit mehr geht als um eine Olympia-Teilnahme seines Landes in Pyeongchang im Februar. Ri ist Chef der "Kommission für die friedliche Vereinigung des Landes". In Südkorea entspricht dies dem Vereinigungsminister. Außer Ri schickt der Norden dessen Stellvertreter Jon Jong-su und einen Direktor der Kommission nach Panmunjom. Auch Nordkoreas Vize-Sportminister und ein Delegierter des nationalen Olympischen Komitees sind dabei, doch gemessen an ihren Rängen scheinen die beiden nur Nebenrollen zu spielen. Um die Modalitäten festzulegen, die eine Teilnahme von Nordkoreanern in Pyeongchang regelt, braucht es Top-Funktionäre.

Das diplomatische Protokoll ist bei innerkoreanischen Gesprächen heikel. Zumindest jeweils im Vorfeld. Weder Seoul noch Pjöngjang wollten höherrangige Vertreter schicken. Nach Pjöngjangs Ankündigung, Ri werde die Delegation leiten, gab Seoul bekannt, seine Delegation werde von Vereinigungsminister Cho Myoung-gyon geführt. Läuft es wie bei früheren solchen Gesprächen, dürften beide Seiten viele Stunden über weitreichende Themen verhandeln, ohne die Medien zu informieren.

Ri, der vorige Woche im Namen von Kim Jong-un im nordkoreanischen Fernsehen die Wiedereröffnung der Hotline zwischen Nord- und Südkorea verkündete, war einst Oberst der nordkoreanischen Streitkräfte. Seit 2004 hat der Berufsoffizier an 27 innerkoreanischen Treffen teilgenommen, 2007 auch an Militärverhandlungen. Doch sein Aufstieg hat sich erst mit Kim Jong-uns Machtantritt beschleunigt. Kim hob ihn in die außenpolitische Kommission der Volksversammlung und in die Nationale Verteidigungskommission, bis er diese auflöste.

Das Treffen im Waffenstillstandsdorf hat großes Gewicht

Ri gilt als launisch. Im Februar 2011 brüllte er die Vertreter Südkoreas, die über die "Cheonan" reden wollten, schon nach zehn Minuten an und stürmte aus dem Raum. Die Cheonan war eine südkoreanische Fregatte, die Nordkorea im März 2010 versenkte. Dabei kamen 46 Marine-Angehörige ums Leben. Pjöngjang weist bis heute jede Schuld zurück; eine internationale Untersuchungskommission kam zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die UNO hat die Versenkung damals verurteilt, ohne einen Schuldigen zu nennen. Nach südkoreanischer und amerikanischer Darstellung war Ris damaliger direkter Vorgesetzter für den Torpedoschuss verantwortlich, der die Cheonan zum Untergang brachte.

In der nordkoreanischen Hierarchie stehen die Institutionen der Arbeiterpartei über jenen der politischen Strukturen. Aber Kim hat angeordnet, auch das "Einheitsfront-Departement", die Stelle der Arbeiterpartei für innerkoreanische Angelegenheiten, müsse "prompt substantielle Maßnahmen mit Südkoreas Behörden für ernsthafte und ehrliche" Verhandlungen "zu einem ersten Schritt für verbesserte Beziehungen" vorbereiten. Ri verhandelt damit nicht nur im Auftrag einer Institution des Regimes, er hat die Rückdeckung der Partei und verhandelt sogar explizit im Namen ihres Chefs, also von Kim persönlich. Das verleiht dem Treffen in Panmunjom ein großes Gewicht.

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