Süddeutsche Zeitung

G-7-Gipfel in Cornwall:Von Klima-Milliarden und Steuer-Wettlauf

Lesezeit: 2 min

Neue finanzielle Zusagen der Reichen für ärmere Länder und Zügel für die großen Tech-Konzerne: Welche Themen beim G-7-Gipfel wichtig sind.

Von Michael Bauchmüller und Claus Hulverscheidt

Klimaschutz

Was er sich von seinem Gipfel in Sachen Klima verspricht, das hat Boris Johnson neulich in der ihm eigenen Klarheit gesagt: einen "substanziellen Haufen cash". Zwar haben sich die G-7-Staaten zuletzt mit Bekenntnissen zum Klimaschutz gegenseitig übertroffen. Bei den Hilfen für ärmere Staaten aber hakt es. Schon 2009 hatten die Industriestaaten versprochen, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar aufzubringen, aus öffentlichen wie aus privaten Mitteln.

Das Geld sollte Entwicklungsländern helfen, Antworten auf den Klimawandel zu finden, etwa durch klimafreundliche Technologien. Rund 80 Prozent dieser Mittel müssten aus den G-7-Staaten kommen, historisch gesehen die Hauptverursacher des Klimawandels. Doch die 100 Milliarden Dollar kamen nie zusammen.

Für Johnson geht es aber um mehr als nur um Geld. Im November ist Großbritannien Gastgeber des nächsten Klimagipfels der Vereinten Nationen. In Glasgow will das Vereinigte Königreich dann beweisen, dass es auch nach dem Brexit noch international Verantwortung übernimmt. "Finanzielle Zusagen der anderen sechs wären eine Grundlage für den Erfolg in Glasgow", sagt Julian Havers, der für den europäischen Thinktank E3G die Finanzfragen der G 7 verfolgt. Es gehe beim Geld um das Vertrauensverhältnis zwischen den Staaten, "und damit um die Dynamik zwischen Nord und Süd".

Denn auf die Klimazusagen der Reichen können sich ärmere Staaten nur bedingt verlassen. Zwar haben alle sieben zuletzt versprochen, spätestens 2050 klimaneutral zu sein; Deutschland will das neuerdings sogar 2045 erreichen. Von bloßen Zusagen aber haben Entwicklungsländer nichts. Hilfen für den grünen Umbau dagegen lassen sich zählen. Flankieren würde Johnson das Ganze gern mit einer Art grünem "Marshall-Plan", der auch klimafreundliche Infrastrukturen unterstützen soll, und mit einer Absage an fossile Energien, spätestens in den 30er-Jahren - in jenen sieben Staaten, die am meisten davon profitierten.

Mindeststeuer

Ein bisschen ungerecht ist es schon, dass jetzt alle Joe Biden loben, wo sich doch eigentlich Olaf Scholz für den Erfinder der globalen Mindeststeuer für Unternehmen hält. Fakt ist allerdings: Hätten die USA unter ihrem neuen Präsidenten nicht eine 180-Grad-Wende in dieser Frage vollzogen, wäre die Idee des Bundesfinanzministers wohl für immer ein Hirngespinst geblieben.

Ziel ist, dafür zu sorgen, dass die internationale Staatengemeinschaft den jahrzehntelangen Wettlauf um immer niedrigere Unternehmenssteuersätze beendet und großen Konzernen nicht länger dabei hilft, ihre Gewinne gezielt in jene Länder zu verschieben, in denen das Finanzamt gerade besonders generös ist.

Dass jetzt neben den anderen G-7-Regierungschefs auch Biden auf den Zug aufgesprungen ist, hat zwei Gründe. Da ist zum einen wohl tatsächlich die Überzeugung, dass es so, wie es bisher war, nicht weitergehen kann und insbesondere die großen Tech-Konzerne endlich einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Allgemeinwohls leisten müssen. Und wichtiger noch: Biden braucht für seine zahlreichen Reformprogramme Billionen Dollar an Mehreinnahmen, die er unter anderem durch höhere Unternehmenssteuersätze generieren will. Diese ließen sich innenpolitisch aber sehr viel leichter verkaufen, wenn die Weltgemeinschaft in dieselbe Richtung marschierte.

Sobald ein entsprechender Beschluss der G-7-Staaten steht, wird es darum gehen, auch große Schwellenländer wie China, Südafrika und Argentinien ins Boot zu holen. Gelegenheit dazu wird in vier Wochen beim Treffen der Finanzminister aus den 20 wichtigsten Volkswirtschaften der Welt (G 20) in Venedig sein.

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