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Friedensnobelpreis: US-Reaktionen auf Obama:"Schlicht bizarr"

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Die meisten sind erfreut, doch einige wundern sich: Bereits wenige Minuten nach der Bekanntgabe reagierte die US-Presse auf die Auszeichnung für Barack Obama.

Julia Amalia Heyer

Die Überraschung war groß so früh am Morgen: Um 5:15 Uhr Ortszeit gab die New York Times über ihren "News Alert" bekannt, dass der amerikanische Präsident soeben in Oslo zum Friedensnobelpreisträger gekürt worden war. Mit einigen Minuten Verzögerung folgten auch andere große Zeitungen wie der Boston Globe oder die LA Times.

"A stunning surprise" nennt die New York Times, Obamas Leib- und Magen-Medium, die Verleihung des Preises an den Präsidenten und gab sich bereits kurz nach Bekanntgabe überwältigt von der norwegischen Entscheidung: Andere Kandidaten, wie zum Beispiel verschiedene Menschenrechtsaktivisten in China oder Afghanistan, seien um einiges wahrscheinlichere Anwärter für den Preis gewesen, staunt die Zeitung - nichtsdestotrotz sei es jetzt Barack Obama, der das Rennen gemacht habe.

Das fünfköpfige Komitee argumentiert in seiner Begründung, Obama habe, was die diplomatischen Beziehungen weltweit angehe, "ein neues Klima" geschaffen. Auf die fast ironisch anmutende Note in der Pressemitteilung des Komitees, in der es heißt, Obama bekomme den Preis "für das, was er getan habe" geht die New York Times gar nicht ein. Obama steht nach der anfänglichen Euphorie um seine Person im Augenblick international verschärft in der Kritik: Sein bisheriger Verdienst beschränke sich vor allem auf seine rhetorischen Fähigkeiten, sagen seine Kritiker.

Die Washington Post nennt die Entscheidung aus Oslo ebenfalls "überwältigend", schreibt aber auch verwundert, dass es wohl noch ein bisschen früh sei, einem Präsidenten in seinem ersten Amtsjahr gleich diesen Preis zu verleihen.

Ehrlich verwundert zeigt sich hingegen Iain Martin im Wall Street Journal. Er findet die Auszeichnung für den US-Präsidenten "schlicht bizarr". Und fragt sarkastisch: Wofür? Weil Obama Frieden mit Hillary Clinton, seiner Wahlkampf-Widersacherin geschlossen hat? Oder etwa für mehr Truppen und Waffen in Afghanistan? Iain Martin nennt es "postmodern", dass ein Mann einen Preis gewinnt, indem er seinen bloßen "Hoffnungen auf Frieden" verbal Ausdruck verleiht.

Der eigene Präsident als Friedensnobelpreisträger wird auch von USA Today ein wenig auf die Schippe genommen. Breaking News im Wortsinne: Da wache man auf eines Morgens und Barack Obama sei Nobelpreisträger - einfach so, schreibt das Blatt. Und schiebt hinterher, man habe ja nicht einmal gewusst, dass der Präsident überhaupt nominiert gewesen sei.

Barack Obama ist bereits der vierte US-Präsident, dem die Auszeichnung verliehen wird, dazu kommt der Preis für den ehemaligen Vize Al Gore. 205 Nominierungen gab es in diesem Jahr.

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