Süddeutsche Zeitung

Freilassung von Gilad Schalit und die Folgen:Gefangen in Nahost

Mein Gefangener, deine Gefangenen: Das Schicksal des Soldaten Gilad Schalit steht ebenso wie die Geschichte der palästinensischen Häftlinge für die hoffnungslos verstrickte Situation im Nahen Osten. Doch die Aufrechnerei hilft Israelis und Palästinensern nicht weiter. Wichtig ist nun, dass für beide Seiten klare Verhältnisse hergestellt werden.

Stefan Kornelius

Israel reagiert verständlicherweise euphorisch auf die Heimkehr von Gilad Schalit. Der Soldat ist in den Jahren seiner Gefangenschaft zu einem nationalen Symbol geworden - einem Symbol für Standfestigkeit und Hoffnung. Diese beide Prinzipien begleiten das Land Israel seit der Gründung.

Das Schicksal des jungen Mannes steht ebenso wie die Geschichte der über eintausend palästinensischen Häftlinge für die hoffnungslos verstrickte Situation im Nahen Osten, in der wohl nur durch starke Einwirkung von außen Bewegung entsteht. Im Fall Schalit war es die Revolution in Ägypten, die Verhandlungen erzwang.

Israel kann sich auf seine (ehemals autokratische) Nachbarschaft nicht mehr verlassen - jetzt war die vielleicht letzte Möglichkeit gekommen, den Entführten in einem unverhältnismäßig anmutenden Gefangenenaustausch freizukaufen.

Wie immer in der langen Konfliktgeschichte zwischen Israel und den Palästinensern hilft die Aufrechnerei - meine Gefangenen, deine Gefangenen - nicht weiter. Ungerechtigkeiten werden so nicht beseitigt. Wichtig ist deswegen, dass für beide Seiten klare Verhältnisse hergestellt werden, in einem stabilen, Sicherheit garantierenden Staat. Nur ein Staat schafft die Schutzhülle, die beide Seiten brauchen, um zunächst Abstand und dann Normalität im Umgang miteinander zu finden.

Für diese Friedenslösung beginnen nun am 26. Oktober Gespräche. Der Fall Schalit zeigt, dass beide Seiten vielleicht doch die Bedeutung dieses Moments erkannt haben. Denn Israelis und Palästinenser können sich aus ihrer wechselseitigen Gefangenschaft nur befreien, wenn sie ihren Konflikt mit Hilfe einer Zwei-Staaten-Lösung beilegen.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2011
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