Süddeutsche Zeitung

Fördermittel von Bund und EU:Berlin lässt Millionen an Subventionen verfallen

Lesezeit: 1 min

"Arm, aber sexy"? Die deutsche Hauptstadt könnte 73 Millionen Euro mehr in der Kasse haben - wenn der Berliner Senat frei verfügbare Fördermittel des Bundes und der EU abgerufen hätte. Anscheinend gibt es nicht genügend Personal, das förderungswürdige Projekte auf die Beine stellen kann.

"Arm, aber sexy" lautet der inoffizielle Berlin-Slogan des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Angesichts der offenbar leeren Kassen mutet es etwas merkwürdig an, dass die Berliner Senatswirtschaftsverwaltung es versäumt hat, Förderbeträge in Millionenhöhe abzurufen.

Die Stadt soll im Jahr 2013 knapp 73 Millionen Euro Fördermittel des Bundes und der EU nicht abgerufen haben, berichtet die Berliner Morgenpost in ihrer Montagsausgabe. Dabei handle es sich um frei verfügbare Mittel aus der "Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)". Der Betrag mache etwa 45 Prozent des gesamten Budgets von 161 Millionen Euro aus.

Während die EU-Mittel im Jahr 2014 noch abgerufen werden können, verfallen allerdings Bundesmittel in Höhe von etwa 40 Millionen Euro. Von den eingeplanten 67 Millionen aus dem Haushalt des Bundes floss nur ein Drittel in konkrete Projekte. Die Opposition rüge die Verwaltungen auf Senats- und Bezirksebene schon seit Jahren, da sie "es nicht schaffen, eine ausreichende Anzahl an Projekten vorzubereiten, die dann umgesetzt werden können", so die Morgenpost.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Linken, Jutta Matuschek, vermutet, dass eine mögliche Erklärung für die Versäumnisse im Zustand der Verwaltungen liegen könnte. Diese kämen durch den Personalabbau mit der vorsorgenden Planung nicht mehr hinterher, sagte die Linken-Abgeordnete.

2012 seien in Berlin nur halb so viele Mittel verfallen: Immerhin 130 Millionen Euro seien genutzt worden. Im Jahr 2013 waren es Informationen der Zeitung zufolge jedoch nur noch etwa 90 Millionen, die verwendet wurden.

Unzählige Fördermöglichkeiten

Oppositionspolitiker bemängeln diese Untätigkeit. Ihr Vorwurf: Die Berliner Infrastruktur benötigt vielerorts dringende Investitionen. Die Förderrichtlinien würden einen vielfältigen Einsatz der Mittel erlauben. Man dürfe Gewerbegelände erschließen, brachliegende Industrieareale wiederbeleben, Gründer- und Technologiezentren aufbauen, Verkehrsverbindungen verbessern, Energie- und Wasserleitungen erneuern, öffentliche Tourismus-Einrichtungen bezahlen sowie Schulen zur beruflichen Bildung, Fortbildung und Umschulung ausbauen, erweitern oder modernisieren.

Die Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) hatte den Senat bereits im September 2013 aufgeschreckt und gewarnt, dass riesige Summen zu verfallen drohten. Die Ressortchefs hielten danach eine Art Klausur in der Senatssitzung ab. Dort habe jeder Senator angeben sollen, ob sein Haus noch irgendwelche Vorhaben rechtzeitig umsetzen könne. Das war offenbar nicht der Fall.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1878637
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/mike
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.