Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingspolitik:Menschenrechtsbeauftragte zweifelt an Flüchtlingsabkommen mit Türkei

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, stellt das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei infrage. Mit Blick auf den gescheiterten Militärputsch und die darauffolgende Verhaftungswelle in dem zunehmend autoritär regierten Land sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland: "Im Lichte der aktuellen Entwicklungen in der Türkei müssen wir umdenken." Das Abkommen setze Rechtsstaatlichkeit auf allen Seiten voraus. "In der Türkei ist diese zurzeit nicht gegeben. Da ist es falsch, wenn wir rechtsstaatliche Entscheidungen dorthin auslagern", sagte Kofler.

Obwohl die Türkei viele Anstrengungen zur Versorgung der drei Millionen Syrer im Land unternommen habe, an der sich auch Deutschland und die Europäische Union beteiligen, funktioniert vieles an dem Abkommen nach Ansicht der Menschenrechtsbeauftragten Kofler nicht. "Wir wissen, dass die Bearbeitung der Asylanträge von Afghanen, Irakern und Iranern in der Türkei nicht nach rechtsstaatlichen Regeln erfolgt. Darüber kann die EU, darüber können auch wir nicht einfach hinwegsehen."

Das Mitte März geschlossene Übereinkommen regelt, dass die Türkei seit April auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurücknimmt. Für syrische Geflüchtete gilt ein Tauschabkommen: Für jeden rückgeführten Syrer nehmen die EU-Staaten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf. Zudem erhält Ankara von der Europäischen Union Hilfszahlungen in Milliardenhöhe. Mit dem Pakt will die EU Schleuserbanden im Ägäischen Meer das Handwerk legen. Die Türkei drängt als Zugeständnis für ihre Kooperation jedoch auf Visafreiheit für ihre Bürger, hat diese jedoch gegenüber den europäischen Behörden bislang nicht durchsetzen können.

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