Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingspolitik:Israel will afrikanische Migranten in den Westen umsiedeln

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Premier Netanjahu einigt sich mit dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR: Mindestens 16.000 afrikanische Flüchtlinge sollen in westliche Staaten gebracht werden - darunter angeblich auch nach Deutschland.

Von Moritz Baumstieger, München

Tausende in Israel lebende afrikanische Migranten sollen offenbar in andere Staaten umgesiedelt werden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte am Montag mit, darauf habe sich Jerusalem mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geeinigt. Netanjahu nannte dabei als mögliche Aufnahmeländer Deutschland, Kanada und Italien. Das Bundesinnenministerium in Berlin erklärte dazu am Montag allerdings, es liege ihm bisher keine konkrete Anfrage vor, in Israel lebende Flüchtlinge, insbesondere aus afrikanischen Staaten, im Rahmen des Umsiedlungs-Programms (Resettlement) des UNHCR in Deutschland aufzunehmen. Deutschland werde seinen humanitären Verpflichtungen zur Aufnahme von Resettlement-Flüchtlingen auch weiter nachkommen, teilte das Innenministerium außerdem mit. Ursprünglich hatte Israel geplant, rund 20 000 Migranten zurück nach Afrika zu bringen. Netanjahus Büro erklärte am Montag dann aber, Israel habe sich mit dem UNHCR darauf geeinigt, mindestens 16 250 im Land lebende Afrikaner in westliche Staaten umzusiedeln. Das Prinzip der Einigung sei folgendes: Ein Flüchtling werde umgesiedelt für einen anderen, der bleiben dürfe.

"Das ist eine einmalige Einigung zwischen dem UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen und dem Staat Israel, der 16 250 Menschen in entwickelte Staaten wie Deutschland, Kanada oder Italien umsiedelt", sagte Netanjahu im Fernsehen. Das sei die Verpflichtung, welche die UN eingegangen seien, sowohl was Organisation als auch Finanzierung angehe.

Die Drohung Israels hatte Proteste von Menschenrechtlern ausgelöst

Wenige Stunden vor Netanjahus Ankündigung hatte das Büro des Ministerpräsidenten erklärt, dass mit dem UNHCR-Abkommen vom Montag frühere Pläne für eine Ausweisung der Flüchtlinge in nicht näher genannte afrikanische Drittstaaten nicht mehr zu Debatte stünden. Menschenrechtsaktivisten zufolge waren dafür Ruanda und Uganda im Gespräch gewesen. Um ausweisen zu können, wären jedoch Vereinbarungen mit den jeweiligen Staaten nötig gewesen. In den vergangenen Wochen sei deutlich geworden, dass diese Option "nicht mehr existierte", sagte Netanjahu. In Israel leben fast 40 000 afrikanische Migranten. Rund die Hälfte sind Kinder, Frauen oder Männer mit Familien, denen keine unmittelbare Abschiebung droht. Die meisten von ihnen sind schon vor einigen Jahren über den ägyptischen Sinai vor allem aus Eritrea und dem Sudan ins Land gekommen. Auf den wachsenden Druck von Populisten und Rechtsparteien hatte die rechtskonservative israelische Regierung nun begonnen, diese Migranten bei Zahlung eines Rückkehrgeldes von 3500 US-Dollar und eines Flugtickets zurück nach Afrika zu senden, vor allem nach Ruanda. Die Regierung hatte angedroht, dass jeder, der nicht ausreise, in Haft genommen werde. Diese Politik hatte starke Proteste von Menschenrechtlern in Israel ausgelöst. Sie hatten daran erinnert, dass Israel als Schutzhafen für Verfolgte und Flüchtlinge gegründet worden war. Zudem äußersten die Aktivsten die Befürchtung, dass die Rückkehrer auch in Ruanda ihres Lebens nicht sicher seien. SZ

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Quelle:
SZ vom 3. April 2018
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