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Flüchtlinge:Gericht: EU-Staaten müssen keine humanitären Visa an Flüchtlinge vergeben

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) eröffnet Flüchtlingen keine neue legale Einreisemöglichkeit in die EU. Wie die Luxemburger Richter am Dienstag entschieden haben, steht es den Mitgliedstaaten weiterhin frei, selbst nach nationalem Recht zu entscheiden, ob sie von Folter und Tod bedrohten Flüchtlingen ein sogenanntes humanitäres Visum erteilen. Das EU-Recht verpflichtet sie dazu nicht.

Geklagt hatte eine syrische Familie mit drei minderjährigen Kindern aus Aleppo. Sie hatte in der belgischen Botschaft in Beirut ein für 90 Tage geltendes humanitäres Visum beantragt, da ihnen in Syrien Tod und Folter drohten. Mit dem Visum wollten sie die Möglichkeit haben, auf legale Weise nach Belgien zu reisen, um dort einen Asylantrag zu stellen.

Im Vorfeld wurde der EuGH-Entscheidung eine hohe Bedeutung beigemessen. Der Asyl-Experte Philippe De Bruycker sagte in der ARD am Montag, dass das Urteil "extrem wichtig" sein könne. Denn das Gericht entscheide, ob es möglich sei, Asyl auf nichteuropäischem Boden zu beantragen. Legal können Flüchtlinge bisher nur über das Neuansiedlungsprogramm der EU einreisen.

Der EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi hatte im Februar argumentiert, EU-Staaten müssten Flüchtlingen in bestimmten Fällen humanitäre Visa zur Einreise erteilen. In einem Aufsehen erregenden Gutachten schrieb er, da die Erteilung nationaler Visa von einer EU-Verordnung geregelt werde, gelte für diese auch die Grundrechtecharta der Union. Die wiederum schreibt das Recht auf Asyl fest und verbietet Folter und andere unmenschliche und entwürdigende Behandlung - reale Gefahren für die syrische Familie. Damit müsse ein EU-Staat in solchen Fällen Visa zur Einreise vergeben und Schutzsuchenden die Möglichkeit geben, in Europa Asyl zu verlangen.

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