Süddeutsche Zeitung

Felipe VI.:Spaniens König kämpft ums Ansehen

Lesezeit: 3 min

Von Thomas Urban, Madrid

Eine große Feier ist zum 50. Geburtstag des spanischen Königs Felipe VI. nicht geplant. Ohnehin schaut ganz Spanien an diesem Dienstag nicht nach Madrid, sondern nach Barcelona. Dort wird weiter über die Wahl eines neuen Regionalpräsidenten debattiert. Der einzige Kandidat ist der bisherige: Carles Puigdemont, der wegen "Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder" Ende Oktober von der Zentralregierung abgesetzt wurde und sich nach Brüssel abgesetzt hat, um nicht verhaftet zu werden. Seine Wahl stand zunächst für diesen Dienstag auf der Tagesordnung des katalanischen Parlaments, wurde dann aber kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben.

Der spanische Premier Mariano Rajoy hat darauf gesetzt, mit Härte die katalanische Unabhängigkeitsbewegung zu zerschlagen. König Felipe hat seinen Segen dazu gegeben. Zwei Tage nach dem illegalen Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens am 1. Oktober wandte er sich in seiner Fernsehansprache an die Katalanen. Doch den richtigen Ton traf er dabei nicht, finden viele Kommentatoren in Barcelona. Ihm wurde vorgehalten, aufgetreten zu sein "wie ein Oberlehrer, der seine Schüler ausschimpft". Nicht besser waren die Kommentare der internationalen Presse: Felipe hätte ein Zeichen der Versöhnung setzen, ein Angebot zum Dialog machen müssen.

Ohnehin war der politische Effekt der Rede anders als gewünscht: Die Gegner der Monarchie erreichten bei den Regionalwahlen in Katalonien im Dezember wieder eine klare Mehrheit.

So gab es für Felipe in seinem 50. Lebensjahr aus der wirtschaftsstarken Region vor allem unschöne Nachrichten. Bei seinen letzten Auftritten in Barcelona wurde er ausgepfiffen. Um das Camp Nou, das Stadion des FC Barcelona, macht er einen weiten Bogen, um sich nicht das Pfeifkonzert von den Rängen und die Rufe "Weg mit dem Bourbonen!" anhören zu müssen.

Aus dem Rest des Landes gab es viele gute Nachrichten für den König: Mit über 70 Prozent Zustimmung führt er mit großem Abstand die Beliebtheitsskala der Politiker an. Die Mehrheit seiner Landsleute begrüßte seine harsche Rede an die Katalanen, die im Rest des Landes ohnehin unbeliebt sind.

Die Rolle des Bürgerkönigs will ihm nicht so recht gelingen

Mit der Katalonien-Krise ist eine patriotische Welle durch Spanien gegangen, an vielen Balkons hängen spanische Fahnen. Zur großen Militärparade zum Nationalfeiertag, dem 12. Oktober, die Felipe in der Uniform des Oberkommandierenden abnahm, strömten Zehntausende, so viele wie lange nicht mehr. Man sah dem feschen, fast zwei Meter großen König an, wie sehr er die Zeremonie genoss.

Doch geht ihm die Gabe seines Vaters Juan Carlos ab, locker auf Menschen zuzugehen und mit Humor Distanz zu überwinden. Felipe ist eher nach seiner strengen Mutter Sofía geraten, die immer sehr distanziert auftrat. Allerdings hat Juan Carlos auch ein schweres Erbe hinterlassen, als er im Juni 2014 abdankte. Da waren zum einen die vielen Berichte über seine außerehelichen Eskapaden, bis hin zu Vaterschaftsklagen, die die spanische Justiz im Sande verlaufen ließ. In einer Biografie des nun 80-jährigen Ex-Königs steht zu lesen: "Er benahm sich so, als gehörten alle Frauen Spaniens ihm."

Zum anderen schwebt über dem Königspalast in den Augen vieler Spanier immer noch der Schatten Francos. Der Diktator hatte in seinem Testament die Einsetzung von Juan Carlos als König verfügt. Nach 44 Jahren Republik und Diktatur war es 1975 so weit. Für alte und neue Linke sowie wohl die Mehrheit der Einwohner Kataloniens sind die spanischen Bourbonen heute vor allem Franco-Erbe.

Eine Doku sollte sein Image verbessern

Zwar hat Felipe nach seiner Antrittsrede gelobt, ein König aller Bürger zu sein. Doch die Rolle des Bürgerkönigs will ihm nicht so recht gelingen, auch wenn er auf das Tragen der Krone und einen Thron verzichtet hat. Er zeigt sich kaum seinem Volk, die beiden Töchter besuchen eine teure Privatschule.

Eine aus Anlass des 50. Geburtstags verbreitete kurze Dokumentation sollte sein Image verbessern. Darin wird die königliche Familie beim Mittagessen gezeigt. Die Suppe ist lecker, die Mutter Letizia fragt nach den letzten Klassenarbeiten. Eine normale Familie - keiner der Hofbediensteten rückt ins Bild.

Die frühere Journalistin wirkte nach ihrem Aufstieg zur Königin zunächst locker und sogar fröhlich, die Regenbogenpresse hatte zuvor immer wieder von Spannungen zwischen ihr und den Schwiegereltern berichtet. In letzter Zeit sieht sie wieder permanent angespannt aus. Erzkonservativen Kreisen gilt sie nach wie vor als Plebejerin, andere halten ihr dagegen vor, vergessen zu haben, "dass sie aus dem Volk kommt".

Der Film zeigt, wie die Eltern gemeinsam, Felipe am Steuer, die Töchter morgens zur Schule bringen. In Internetforen wird das als wenig glaubwürdig bespöttelt. Doch in den Madrider Medien war die Reaktion auf den Film durchweg sehr positiv.

Felipe muss sich keine Sorgen machen, dass in absehbarer Zeit Tausende auf die Straße gehen und das Ende der Monarchie fordern, wie dies noch kurz vor seinem Amtsantritt der Fall war. Nur ein paar Dutzend Menschen nahmen zuletzt an den allmonatlichen Demonstrationen mit den rot-gelb-violetten Fahnen der Spanischen Republik teil. In der politischen Elite Madrids gilt er als zuverlässige Größe für die Stabilität des Landes.

Zu seinem Geburtstag gibt es immerhin einen kleinen offiziellen Höhepunkt: Er verleiht seiner Tochter Leonor, der zwölfjährigen Kronprinzessin, den Orden vom Goldenen Vlies, eine der höchsten Auszeichnungen des Landes ( hier zu sehen auf einem Video von El Mundo). Die Pressestelle der Casa Real, des Königshauses, konnte aber keine Auskunft geben, für welche Verdienste. Vielleicht ist es einfach Familientradition: Felipe bekam im selben Alter denselben Orden.

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