Süddeutsche Zeitung

Extinction Rebellion:Carola Rackete fordert Regierung zum Handeln auf

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Die Aktivistengruppe Extinction Rebellion hat am Montagmorgen in Berlin ihre Protestaktion für mehr Klimaschutz gestartet und mit dem Großen Stern einen Verkehrsknotenpunkt der Hauptstadt besetzt. Nach Polizeiangaben versammelten sich rund um die Siegessäule etwa 1000 Menschen. Die umliegenden Straßen waren besetzt, die Zufahrten gesperrt.

Die Polizei wollte die Fläche eigenen Angaben zufolge vorerst nicht räumen, obwohl die Demonstration nicht angemeldet war. Auch am Potsdamer Platz gab es eine Kundgebung. Dort stellten Demonstranten Blumentöpfe, Sofas, Tische und Stühle auf die Kreuzung. Staus habe es kaum gegeben, teilte die Polizei mit. Wegen der Schulferien in Berlin seien weniger Autos als üblich unterwegs.

Die Bundesregierung verurteilt die Aktion. "Das geht natürlich gar nicht", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) zu der Blockade im "Morgenmagazin" des ZDF. "Das Anliegen des Klimaschutzes, das teilen wir ja alle", doch die Ankündigung gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr sei nicht akzeptabel.

An der Siegessäule stellten die Aktivisten ein hölzernes Boot auf. Die Arche soll an das Artensterben erinnern. Die als Seenotretterin bekannt gewordene Kapitänin Carola Rackete hielt dort am Mittag eine Rede und kritisierte die Klimapolitik der Bundesregierung. "Es ist mehr als Zeit, dass die Regierung die Wahrheit sagt und den ökologischen Notstand ausruft", forderte Rackete. "Wir befinden uns in einer existenziellen weltweiten Krise, die sich immer schneller verstärkt." Sie sei froh, dass sich Extinction Rebellion dazu entschlossen habe, "die ganze Woche hier zu bleiben, um Berlin Tag und Nacht zu blockieren".

"Wir bitten Euch: Respektiert unsere körperliche Unversehrtheit!"

Die Aktionen sollen mindestens eine Woche lang andauern. Wie genau die Gruppe dabei vorgeht, soll erst wenige Minuten vor Beginn der größtenteils unangemeldeten Aktionen bekannt gegeben werden. Der Protest der Umweltschützer lief weiterhin friedlich ab. Die Demonstranten hatten Handzettel an die Polizei verteilt mit dem Hinweis, dass sie die Erde gewaltfrei retten wollen. "Wir bitten Euch: Respektiert unsere körperliche Unversehrtheit!", hieß es auf den Zetteln.

Mit Blockaden und anderen Protestaktionen will die Gruppe in Berlin und anderen Großstädten in aller Welt auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam machen. Aktionen soll es unter anderem auch in London, Paris, Madrid, Amsterdam, New York, Buenos Aires sowie in den australischen Städten Sydney, Melbourne und Perth geben. In der britischen Hauptstadt blockierten Aktivisten etliche Straßen und auch mehrere Themse-Brücken. Die Polizei meldete auf Twitter, dass es bis zum Mittag 135 Festnahmen gegeben hat.

Extinction Rebellion (auf Deutsch etwa: Rebellion gegen das Aussterben) kommt ursprünglich aus Großbritannien. Nach eigenen Angaben gibt es die Gruppe seit November vorigen Jahres auch in Deutschland. Sie fordert unter anderem, dass die nationalen Regierungen sofort den Klimanotstand ausrufen. Alle politischen Entscheidungen, die der Bewältigung der Klimakrise entgegenstünden, müssten revidiert werden.

Innensenator will mit Augenmaß vorgehen

Anders als andere Bewegungen wie Greta Thunbergs "Fridays for Future", sind die Aktivisten von Extinction Rebellion nach eigenen Angaben bereit, Gesetze zu brechen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. In einem offenen Brief an die Bundesregierung haben sich 90 Prominente aus dem Kunst- und Kulturbetrieb mit den Umweltaktivisten solidarisiert.

Berlins Innensenator Andreas Geisel hat ein Vorgehen "mit Augenmaß" gegen die Umweltschützer von Extinction Rebellion angekündigt. Man werde sich die Versammlungen anschauen und einige auch eine Weile gewähren lassen, sagte der SPD-Politiker am Montag dem Inforadio des RBB. "Es ist ja so, dass wir Blockaden, Veranstaltungen durchaus als spontane Demonstrationen werten können, die ja nach Demonstrationsrecht zulässig sind", sagte Geisel weiter. Man sei aber auch bereit, energischer vorzugehen, wenn etwa Gewalt angewendet werde oder kritische Infrastrukturen wie der Flughafen betroffen seien.

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