Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Zeit für Ersatz-Kandidaten

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Ungarns und Rumäniens Bewerber für die EU-Kommission laufen bei den ersten Anhörungen auf - vier weitere Bewerber gelten als Wackelkandidaten. Von der Leyen braucht nun schnellstens Ersatz.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die von der designierten EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen nominierten Kandidaten für Erweiterungspolitik und Verkehr werden vom Rechtsausschuss des Europaparlaments blockiert. Auch in mündlichen Anhörungen konnten der Ungar László Trócsányi und die Rumänin Rovana Plumb Zweifel wegen möglicher Interessenkonflikte nicht ausräumen. Trócsányi wird vorgeworfen, dass seine Anwaltskanzlei von seinem Amt als Justizminister profitierte; ein enger Ministeriumsmitarbeiter war noch im April als "managing partner" angeführt. Plumb ist Vizechefin der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, ihr wurden Fragen zu einem Privatkredit in Höhe von 800 000 Euro gestellt, den sie zwar beim Parlament in Bukarest anführte, aber nicht im Brüsseler Fragebogen.

Die Zeit drängt: Ohne ein Ja des Rechtsausschusses darf kein Bewerber gehört werden

Von der Leyen wurde am Nachmittag von Parlamentspräsident David Sassoli über das Votum informiert. Es wird erwartet, dass sie in Bukarest und Budapest um neue Kandidaten bitten wird. Die Zeit drängt, ohne ein "Ja" des Rechtsausschusses wird kein Bewerber vom zuständigen Fachausschuss angehört. Damit von der Leyen am 1. November die Arbeit aufnehmen kann, müssen alle Kandidaten von den Ausschüssen bestätigt und das Kollegium vom Parlament bestätigt werden. Ein Sprecher von Ungarns Regierung führte das Votum auf Intoleranz der "Pro-Zuwanderungs-Abgeordneten" zurück. Zufrieden zeigte sich der Grüne Sergey Lagodinsky: "Die Ablehnung zweier Kandidaten zeigt, dass die Abgeordneten des Rechtsausschusses ihre Rolle trotz des hoch politisierten Prozesses ernst nehmen."

In den am Montag beginnenden Befragungen gelten weitere fünf Bewerber als Wackelkandidaten. Gegen den Polen Janusz Wojciechowski und die Französin Sylvie Goulard ermittelt die EU-Antikorruptionsbehörde; bei der Kroatin Dubravka Šuica gibt es Fragen zu ihrem Vermögen von 5 Millionen Euro. Fragen gibt es auch beim designierten EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, der 2018 für Insiderhandel bestraft wurde, und bei Belgiens Außenminister Didier Reynders, gegen den Korruptionsvorwürfe bekannt wurden.

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SZ vom 27.09.2019
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