Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Von der Leyen für Erweiterung von Schengen- und Euro-Zone

Lesezeit: 2 min

Eine Woche nach ihrer überraschenden Nominierung für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin erklärt Ursula von der Leyen am Mittwoch erstmals öffentlich ihre Pläne und Ziele für Europa. Sie sprach zunächst mit den europäischen Sozialdemokraten. Nach dem Treffen vertagte die S&D-Fraktion ihre Entscheidung zu einer möglichen Unterstützung von der Leyens. Der Kandidatin seien "spezifische Forderungen" gestellt worden, deren Antworten man abwarten wolle, sagte Fraktionschefin Iratxe García Pérez.

Später stellte sich die deutsche Verteidigungsministerin den Liberalen im Europaparlament vor. Von der Leyen sagte, sie wolle die Klimaneutralität zu einem ihrer Hauptziele machen. Dabei gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken und wirtschaftliche Chancen zu nutzen. "Wir alle im Raum wissen, dass die Uhr tickt", sagte sie mit Blick auf Klimaveränderungen. Wenn sich die EU bei neuen Technologien an die Spitze setze, könne die Union ein Modell für die Welt sein. "Lassen Sie uns mutig und lassen Sie uns ehrgeizig sein", sagte sie.

In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sagte von der Leyen, es sei Zeit, dass Europa mehr Verantwortung übernehme und in der eigenen Region aktiver werde. Sie plädierte zudem dafür, dass die Euro-Zone und die kontrollfreie Schengenzone weitere EU-Staaten aufnehmen, sobald sie die Bedingungen dafür erfüllen. Die Tür für Länder in Osteuropa und auf dem Westbalkan solle offen gehalten werden.

Insbesondere Nordmazedonien bezeichnete von der Leyen als leuchtendes Beispiel dessen, was möglich sei, wenn die Menschen ein Ziel vor Augen hätten, in diesem Fall den Wunsch einer EU-Mitgliedschaft. "Ich bin überzeugt, dass wir den Westbalkan viel ernster nehmen müssen", sagte sie.

Die Kandidatin betonte außerdem die Rolle des Rechtsstaats in Europa. Es müsse einen transparenten Mechanismus geben, der den Zustand des Rechtsstaats in allen EU-Staaten beschreibt, sagte sie in Brüssel. Sie sprach vom "Juwel in unserer Krone".

Von der Leyen war vorige Woche nach einem Marathongipfel von den EU-Staats- und Regierungschefs nominiert worden, um ab 1. November die Nachfolge von Kommissionschef Jean-Claude Juncker anzutreten. In dem mächtigen Amt könnte sie politische Linien und Prioritäten für Europa vorschlagen. Bisher hat die 60-Jährige sich nur sehr allgemein zu der Aufgabe geäußert. Zunächst wollte sie sich in die aktuellen Themen einarbeiten und Rat einholen, wie es aus ihrem Umfeld hieß. Ohnehin ist noch nicht klar, ob sie es tatsächlich ins Amt schafft.

Von der Leyen bräuchte bei der für 16. Juli angekündigten Wahl die Stimmen von mehr als der Hälfte der Abgeordneten. Nach derzeitigem Stand wären das 374. Die klar proeuropäischen Fraktionen EVP, Sozialisten, Liberale und Grüne kommen zusammen auf 518 Sitze. Doch hat sich bisher nur die EVP klar hinter von der Leyen gestellt.

Die 16 SPD-Europaabgeordneten haben bereits ein Nein angekündigt. Die Grünen verlangen Zugeständnisse. Wahrscheinlich stimmen die Fraktionen nicht geschlossen ab. Bringt von der Leyen die Proeuropäer nicht hinter sich, könnte sie auf Stimmen von rechtsnationalen Parteien angewiesen sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4519021
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/saul
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.