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Europaparlamentspräsident:Tajani: "Sonst droht der EU der Todesstoß"

Antonio Tajani, der Präsident des Europäischen Parlaments, fordert in einem Gastbeitrag in der Welt, sechs Milliarden Euro zu investieren, um die Mittelmeerroute zu schließen. Vorbild dafür sei die Vereinbarung mit der Türkei zur Schließung der Balkanroute. Darüber hinaus müssten die Europäer enger mit Transitländern wie Marokko, Tunesien, Libyen, Mali, Mauretanien, Tschad und Algerien zusammenarbeiten. Um die "unwilligsten Staaten" der EU dazu zu bringen, eine Quotenlösung zu akzeptieren, müsse ihnen Sicherheit geboten und dafür gesorgt werden, dass "niemand mehr von Nordafrika aus in See sticht".

Tajani kritisiert auch die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU. 2017 wären 650 000 Asylanträge innerhalb der EU gestellt worden, 416 000 davon in nur drei Ländern: Deutschland, Frankreich und Italien. "Diese offenkundige Ungerechtigkeit hängt mit der Dublin-Verordnung zusammen, an der sich immer häufiger Streitigkeiten und Spannungen zwischen unseren Mitgliedsstaaten entzünden", so Tajani.

EU-Gipfel als "letzte Chance"

Mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel fordert der italienische Politiker die Mitgliedsstaaten dazu auf, die Verteilung von Flüchtlingen gerechter zu gestalten. Es brauche ein "automatisches und verpflichtendes Verfahren, nach dem die Asylbewerber auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden". Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz, die Visegrád-Staaten und weitere EU-Mitgliedsländer lehnen eine Verteilung nach Quote strikt ab.

"Die Mitgliedsstaaten müssen einen gemeinsamen Weg finden, die Migration nach Europa zu regulieren. Sonst droht dem gesamten Projekt der Europäischen Union der Todesstoß", schreibt Tajani. Der EU-Gipfel Ende der Woche sei "die letzte Chance, die Erwartungen einer halben Milliarde Europäer nicht zu enttäuschen".

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dpa/afp/vdh
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