Süddeutsche Zeitung

Nach Protestaktion:Deutschland will Erdoğan-kritischen Journalisten ausweisen

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Adil Yiğit soll die Bundesrepublik Ende Januar verlassen. Bei einer Pressekonferenz von Erdoğan und Kanzlerin Merkel protestierte er mit einem T-Shirt.

Deutschland will Ende Januar den türkischen Regierungskritiker und Journalisten Adil Yiğit in die Türkei ausweisen. Am Freitag habe er den Bescheid bekommen, sagte Yiğit der Deutschen Presse-Agentur. Der 60-Jährige führt die Entscheidung auf seine prominente Protestaktion während einer Pressekonferenz des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und Kanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt Ende September zurück. Damals trug der in Hamburg lebende Journalist ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Gazetecilere Özgürlük - Freiheit für Journalisten in der Türkei". Als es zu Unruhe kam, griffen deutsche Sicherheitskräfte ein und brachten Yiğit aus dem Saal. Erdoğan lächelte.

"Das hängt zusammen, anders kann es gar nicht sein", sagte Yiğit, der nach eigenen Angaben seit 36 Jahren in Deutschland lebt. Allerdings lag bereits im vergangenen Jahr ein entsprechender Bescheid gegen ihn vor. Aber der Chef der Hamburger Ausländerbehörde habe ihm versprochen, man werde schon eine Lösung finden. Nun werde nur einen Monat nach seiner Protestaktion im Kanzleramt die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt, sagte Yiğit. Er müsse jetzt bis 22. Januar 2019 das Land verlassen haben oder er werde abgeschoben.

Zuerst hatte die taz über die Ausweisung berichtet. Yiğit schreibt für sie als Kolumnist. In dem Artikel heißt es, als Gründe für die Ausweisung gebe die Behörde an, dass er nicht erwerbstätig sei und nicht bei seinen Kindern lebe. Doch Yiğit weigert sich. Auch einen Asylantrag wolle er nicht stellen. Yiğit gibt in Deutschland die regierungskritische Onlinezeitung Avrupa Postasi heraus. "Natürlich fürchte ich mich, wenn ich abgeschoben werde", sagte er. "In der Türkei werden Journalisten zum Schweigen gebracht."

Nach dem Putschversuch von 2016 hat die türkische Regierung Zehntausende angebliche Staatsfeinde, darunter Journalisten, Akademiker und Menschenrechtler, festnehmen lassen und viele Medienhäuser geschlossen oder auf Regierungslinie gebracht.

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